Mike Unwin – „In 80 Vögeln um die Welt“

Seit einigen Wochen und Tagen trage ich mich mit dem Gedanken, mir ein Fernglas anzuschaffen. Natürlich nicht, um das Leben der Nachbarn in Augenschein zu nehmen. Vielmehr fasziniert mich auf meinen Radtouren oder auch Wanderungen seit einiger Zeit die heimische Vogelwelt. Was es da alles zu entdecken gibt. Formen und Farben in den unterschiedlichsten Größen. Und nicht zu vergessen – dieser Schatz aus Stimmen! In seinem Buch „In 80 Vögeln um die Welt“ nimmt der Brite Mike Unwin die Leser mit auf eine zweifache Reise – in die Vogelwelt unseres Planeten und einmal um unseren Erdball.

Vielfältigste Klasse der Wirbeltiere

Der Band ist im Laurence King Verlag erschienen, der mit diesem neuen Werk eine Reihe fortsetzt, erschienen doch mit „In 80 Bäumen um die Welt“ und „In 80 Pflanzen um die Welt“ bereits zwei Bücher, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen, sich aber einem anderen Thema widmen. Wie dessen Autor Jonathan Drori ist auch Mike Unwin Brite. Er ist vielfach ausgezeichnet worden – als weitgereister Autor und Fotograf. In seinem Heimatland ist er 2013 als Reiseschriftsteller des Jahres geehrt worden. Unwin schreibt für zahlreiche Magazine und Zeitungen und hat schon mehr als 30 Bücher herausgebracht. Sein Interesse gilt dabei vor allem den Vögeln.

Wie es der Titel des Buches schon verrät, stellt Unwin 80 Vögel vor. Sie leben auf den unterschiedlichsten Erdteilen: in Afrika und Amerika, in Europa und Asien sowie Australien. Für Inseln und Meere gibt es eine eigene Kategorie. Vögel sind gefühlt überall. Rund 11.000 Arten gibt es, so dass sie die vielfältigste Klasse der Wirbeltiere bilden. Sie haben sich dank ihrer besonderen Fähigkeiten und Eigenschaften an die schwierigsten Lebensbedingungen angepasst und sind in verschiedenen Kulturen zu Symbol- und Werteträgern geworden. So legt die Küstensee-Schwalbe auf ihren Reisen von Nord nach Süd im Jahr rund 90.000 Kilometer zurück, baut der Siedelweber im Verhältnis zu seiner Größe gigantische Nester, blieb der Steinkauz, der auf der griechischen Drachme zu finden war, nach der Einführung des Euro als Motiv erhalten. Der in Venezuela lebende Fettschwalm ist in Höhlen zu Hause; er hat die lichtempfindlichsten Pupillen der Vogelwelt.

„Auf Vögel zu achten, vertieft das Erleben jedes Eckchens der Welt und ist erhellend hinsichtlich seiner Natur und Kultur.“

Der Brite führt in Länder und Regionen, die man in ihrer Gesamtheit vermutlich kaum bereisen wird und kann, oder in Länder, die man womöglich nicht kennt: Im südafrikanischen Königreich Eswatini ist unter anderem der Glanzhaubenturako beheimatet, der für seine bunte Federpracht verehrt wird. Auf zwei bis vier Seiten stellt Unwin die jeweilige Art vor, nennt ihre besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten, beschreibt deren Rolle in der Kulturgeschichte eines Landes und räumt auch mit Klischees auf: Das Rotkehlchen ist nicht so friedlich wie gedacht, und der Kolkrabe zählt zu den klügsten Tieren. Leider sind viele Arten vom Aussterben aufgrund von Umweltzerstörung und -ausbeutung durch den Menschen bedroht und müssen beschützt werden, worüber Unwin ebenfalls schreibt. Wie im Fall des Mandschurenkranichs, der trotz seines hohen Status in Japan nahezu ausgerottet wurde. 1924 existierten nur noch 20 Exemplare, mittlerweile haben sich die Bestände jedoch erholt.

Wundersame Einheit von Text und Bild

Die informativen Texte gehen mit den faszinierenden Illustrationen des japanischen Zeichners und Grafikdesigners Ryuto Miyake eine wundersame Einheit ein. Für seine Bilder nutzt er Acryl Gouache und Aquarell-Papier. Zu seinen Kunden zählen große Firmen wie Gucci, Toyota und Apple. Der Japaner bildet das Äußere und oft auch den Lebensraum des jeweiligen Vogels ab, lässt ab und an auch einen Blick in das jeweilige Nest zu. Nicht nur bringt er damit die oft scheuen Wesen direkt vor die Augen des Lesers, er fesselt sie auch an die jeweiligen Vogel-Porträts. Es macht nicht nur Freude, die Texte zu lesen, sondern auch sehr lange auf die realistisch wirkenden Bilder zu schauen.

„In 80 Vögeln um die Welt“ sollte nicht auf einen Ruck gelesen werden. Vielmehr lädt das Buch ein, es immer wieder zur Hand zu nehmen; die Bilder zu bestaunen, sich mit den Beiträgen zu beschäftigen. Im besten Fall setzt eine Veränderung ein, wird der Leser sensibilisiert für die Schönheit, aber auch für den dringenden Schutz der eindrucksvollen wie sensiblen Vogelwelt. Am Ende des Buches, das sich wunderbar auch als Geschenk für nahezu jede Generation eignet, versammelt Unwin deshalb neben einigen Literaturverweisen zudem die Namen von Organisationen, die sich für den Erhalt der Natur und Umwelt, speziell die der Vögel, einsetzen.

Der Beitrag ist auch auf dem Literatur Radio Hörbahn zu finden.


Mike Unwin: „In 80 Vögeln um die Welt“, erschienen im Laurence King Verlag, in der Übersetzung aus dem Englischen von Bettina Eschenhagen, mit Illustrationen von Ryuto Miyake; 224 Seiten, 24 Euro

Foto von thom masat auf Unsplash

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