Stadt der Geheimnisse – Hjorth & Rosenfeldt "Der Mann, der kein Mörder war"

Der 16-jährige Roger wird vermisst gemeldet. Erst Tage später nimmt die Polizei in Västerås ihre Ermittlungen auf. Schließlich ist Wochenende, und wer sagt, dass der Junge eigentlich sich nicht irgendwo in Stockholm eine schöne Zeit macht, denkt sich der zuständige Beamte Haraldsson und liegt gründlich falsch. Ein Irrglaube, der ihn lange verfolgen wird. Denn wenig später wird die Leiche des Jungen in einem Waldstück gefunden, übersät mit über 20 Messerstichen und herausgerissenem Herzen. Die Reichsmordkommission rund um ihren Chef Torkel rückt an und trifft zu Beginn gleich auf einen Bekannten: Sebastian Bergmann.

Der frühere Polizeipsychologe und einstige Kollege Torkels und dessen Team hat sich seit Jahren von der Arbeit zurückgezogen, nachdem seine Frau und seine kleine Tochter Sabine Opfer des verheerenden Tsunamis in Asien wurden. Der Tod seiner Mutter und der damit verbundene Hausverkauf lässt ihn nicht nur zurück in seine alte Heimat kommen. Er bittet um Mitarbeit bei dem Fall des Jungen.

Mit dem ersten Buch des schwedischen Autorenduos Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt, Jahrgang 1963 und 1964, „Der Mann, der kein Mörder war“ betritt ein neuer charismatischer Ermittler die Krimibühne. Der nicht nur seine Familie verloren hat, sondern auch etwas eigen ist. Frauen und eine Nacht mit ihnen – wenn es wirklich nur bei einer Nacht bleibt – ist er nicht abgeneigt. Seine Kollegen wissen seine Arroganz und Überheblichkeit zu fürchten. Aber es ist Bergmann, der hinter den mysteriösen Fall und den wahren Identitäten der Akteure Schritt für Schritt blickt. Da ist Groth, der zwielichtige Rektor des Elitegymnasiums, und Johansson, der kriminelle Hausmeister, der illegal Alkohol an die Schüler verkauft und noch weitere entsetzliche Verbrechen auf dem Kerbholz hat. Ihm kommen sie auf die Schliche wie natürlich auch dem Mörder von Roger, der nicht der einzige Tote in dem fast 600-seitigen Wälzer bleiben wird. Denn es müssen auch die zur Seite geschafft werden, die dem Mörder gefährlich werden können.

Erst auf den letzten Seiten wird das Rätsel um die Mordserie gelöst. Bis dahin schlägt der Roman wie ein flüchtender Hase fleißig Haken, was die Spannung ungemein erhöht. „Der Mann, der kein Mörder ist“ ist ein wahrer Pageturner, mit dem man gut und gerne einige Stunden auf der Couch aushalten kann, ohne dass man das Gefühl haben muss, Zeit zu verschwenden. Doch nicht nur die kluge Inszenierung der Ermittlungen ist den beiden Autoren wunderbar gelungen. Die Protagonisten werden hervorragend gestaltet, mit ihren Eigenheiten, ihren familiären Hintergründen, wie sie miteinander arbeiten, sich manchmal jedoch auch kräftig in die Haare geraten. Allen voran natürlich Bergmann, der nicht nur als begnadeter Psychologe erscheint, sondern auch einen dramatischen Verlust aufarbeiten muss.

Der Roman wurde in einigen Besprechungen als Schwedenkrimi bezeichnet. Diesem schon inflationär verwendeten Titel sollte man indes nicht unbedingt trauen. So fehlt die Düsterkeit, die beispielsweise die Werke der beiden Giganten Håkan Nesser und Henning Mankell auszeichnet. Das Buch reicht auch nicht an die stilistische Meisterschaft Nessers heran, dessen Bücher des Weiteren nicht nur entsetzliche Verbrechen und deren Aufklärung zum Inhalt haben, sondern tiefgründig in soziale und gesellschaftliche Schichten hinabblicken. Trotzdem ist Horth und Rosenbergs erstes gemeinsames Werk ein gelungenes Debüt, das man ungeschränkt empfehlen und gespannt sein kann auf den zweiten Auftritt von Bergmann in dem bereits auf Deutsch erschienenen Band „Die Frauen, der er kannte“.

Der Roman „Der Mann, der kein Mörder war“ von Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt erschien im Rowohlt Taschenbuch Verlag, in der Übersetzung aus dem Schwedischen von Ursel Allenstein
624 Seiten, 9,99 Euro

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