Tierische Tatwaffen – "Ruhe sanft in Sachsen-Anhalt. Kurzkrimis aus dem Land der Frühaufsteher"

Sie muss weg aus Balgstedt (Balgstädt). Was hilft es, wenn die Unstrut sacht plätschert, der Wein und das Land lieblich sind, nur Peter ein Schwein ist. Ein außergewöhnlicher Plan muss her. Die junge Frau aus dem Osten, frisch aus dem Katalog bestellt, von Maminka dann verabschiedet, von ihrem deutschen Mann schließlich versohlt, sinnt auf Rache. Die Katze, liebevoll Ljonuschka genannt, soll die Tatwaffe sein. Und diese ist nicht die einzige tierische Hauptfigur in dem jüngst erschienenen Band „Ruhe sanft in Sachsen-Anhalt. Kurzkrimis aus dem Land der Frühaufsteher“, der, im Verlag KBV veröffentlicht, pünktlich und druckfrisch zur Leipziger Buchmesse in die Regale kam.

Denn nur wenige Kilometer entfernt machen sich die Braunbären im Gehege nahe des Droyßiger Christophorusgymnasiums über einen Schüler her. Viel bleibt nicht mehr von ihm übrig. Doch die Polizei steht vor einem Rätsel – überhaupt scheinen in einer Vielzahl der Fälle die Beamten auf dem Holzweg -, so dass Privatdetektiv Bernhard Focks, schlau wie ein Fuchs, die Ermittlungen aufnimmt. Er stößt dabei auf den arroganten Adelsspross Alexander Spencer von Roden-Ricklingen aus dem Landkreis Hannover. Dessen Eltern hoffen, dass aus ihrem Sohn im Internat in den neuen Bundesländern ein tüchtiger Mensch wird, er seine „Entwicklungsstörungen“ ablegt. Er entwickelt sich prächtig – nur in die falsche Richtung. Sein nerviger Mitschüler Timo, der sein letztes Stündlein im Beisein kräftiger Bären erlebte, wird nicht sein einziges Opfer bleiben.

Auch in der Saalestadt Weißenfels fischt die Polizei im Trüben, als ein bekannter Stadtrat erhängt aufgefunden wird. In Freyburg geht den Sicherheitskräften sogar ein Gaunerpärchen durch die Lappen. Bonnie und Claus tauchen in der Sektkellerei „im kleinen Winzerort“ Freyburg unter und genießen, mal mehr, mal weniger, die Fantasie aus tausend Perlen.

18 weitere Städte und Stätte in Sachsen-Anhalt von Arendsee bis Zeitz finden sich in dem Band, den MZ-Redakteur und Schöpfer des tollpatschigen Privatermittlers Markus Waldo, Peter Godazgar, mit Texten von 21 weiteren Autoren herausgegeben hat. Eine ganze Reihe von Schau- und Mordplätzen verstreuen sich über das ganze Bundesland. „Wir lernen – im Land der Frühaufsteher gibt es auch Ausnahmen. So manche arme Seele bleibt liegen. Nicht nur morgens um 6.39 Uhr. Auch nicht um 6.41 Uhr. Sondern für immer“, schreibt Godazgar in seinem Vorwort.

Jede Kurzgeschichte zeigt ihren eigenen Stil dank der verschiedenen Autoren – von leicht ironisch über beißend satirisch bis unheimlich düster. Spannend sind sie indes jederzeit, denn jeder Kurzkrimi ist gespickt mit Überraschungen, nimmt jede der Geschichten ab und an eine unvorhergesehene Wendung, die einen schmunzeln oder einen kalten Schauer auf dem Rücken spüren lässt. Der Krimiabend ist damit sicher, vielleicht sogar eine ganze Kriminacht mit einem Vorrat an Knusperflocken oder Hallorenkugeln und/oder einem guten Saale-Unstrut-Wein. Denn Frühaufstehen lohnt sich nicht wirklich. Im Gegensatz zu diesem Band, der sich trotz der Fülle an Lokalkrimis der letzten Jahre vor der Konkurrenz durchaus nicht zu fürchten braucht.

„Ruhe sanft in Sachsen-Anhalt. Kurzkrimis aus dem Land der Frühaufsteher von Peter Godazgar (Herausgeber) erschien im KBV-Verlag
320 Seiten, 9.90 Euro

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