Magier in Ausbildung – Patrick Rothfuss "Der Name des Windes"

„(…), dass eine gute Geschichte nur selten den direkten Weg nimmt.“ 

Der große Magier lebt zurückgezogen. Als Wirt des Gasthauses „Wegstein“. Nur sein treuer Helfer Bast kennt die wahre Identität von Kvothe, dem begabten Sohn fahrender Spielleute aus dem Volk der Ruh. Doch eines Tages beginnt Kvothe zu erzählen. Ein Chronist findet ob zufällig oder nicht den Weg in das Gasthaus. Er schreibt die Geschichte von Kvothe nieder, eine abenteuerliche voller Magie. Und der erste Teil von Patrick Rothfuss Königsmörder-Chronologie „Der Name des Windes“ nimmt seinen abenteuerlichen Lauf.

Kvothe wächst in einer reisenden Schauspielertruppe auf. Er lernt die Gepflogenheiten der ewigen Wanderschaft und die Vorbereitung und Inszenierung der Stücke genauso kennen wie den Zauber der Musik. Sein Vater ist ein berühmter Lautenspieler. Kvothe lernt von ihm und das schneller als geahnt. Schon als Kind beherrscht er das Lautenspiel und eine Vielzahl bekannter, episch langer Stücke. Zur Truppe stößt eines Tages der Arkanist Ben. Er bringt den Jungen die ersten Schritte bei auf seinem Weg, ein berühmter Magier zu werden. Neben dem Wissen der Naturheilkunde sind es die ersten Kenntnisse der sogenannten Sympathie, die Ben ihm vermittelt. Der Arkanist ahnt schon früh Kvothes Ziel: die Universität. Doch das Schicksal schlägt erbarmungslos zu, nachdem Ben eines Tages die Truppe verlässt. Die Mitglieder der Gruppe, darunter Kvothes Eltern, werden ermordet. Nur der Junge überlebt den Angriff der sogenannten Chandrian, mysteriöse und grausame Gestalten.

Allein schlägt sich Kvothe durchs Leben: Er bettelt in der riesigen Stadt Tarbean, erlebt Gewalt, Hunger und Armut. Doch breiten Raum des mit 860 Seiten „dicken“ Buches nimmt schließlich die nächste Etappe auf der Reise ein: die Universität nahe der Kleinstadt Imre. Kvothe besteht die Aufnahmeprüfung und überrascht die großen Meister in den verschiedenen Fächern mit seinem Wissen. Doch das Leben wäre langweilig, würde Kvothe nicht auch an der Alma mater vor Herausforderungen stehen. Meist auch selbst verursacht. Denn der amerikanische Autor Rothfuss, Jahrgang 1973, hat nicht nur eine fantastische Welt erschaffen. Mit Kvothe entwarf er einen sehr zwiespältigen Helden, der nicht nur tugenhaft erscheint. Kvothe lügt, ist ungeduldig, hintergeht auch seine Meister, alles nur, um an sein Ziel zu gelangen – trotz seiner Armut an der Universität zu bleiben, um zu lernen und die Mörder seiner Eltern zu finden. Und die Liebe zu einem Mädchen, das unerreicht erscheint, darf ebenfalls nicht fehlen.

„Der Name des Windes“ ist ein wahrer Pageturner. Schnell liest man sich in die geschaffene Welt ein, die an eine Mischung aus Mittelalter und Märchenwelt erinnert. Es gibt Dämonen und Drachen, Magie, Alchemie und eine ganze Reihe merkwürdiger Charaktere, darunter die Meister, Kvothes Freunde oder Auri, die sich als ehemalige Studentin auf dem Gelände der Universität versteckt hält und die Begegnung mit den Menschen scheut. Obwohl Rothfuss zu Redundanz neigt, er sich in dem Backstein von Buch häufig wiederholt, bleibt man an seinem Roman kleben und vergisst die reale Welt um sich herum. Seine bildhafte Sprache, die sowohl witzige Szenen ironisch als auch die Wucht tragischer Erlebnisse beschreiben kann, macht diese Schwäche des Buches durchaus wett.

Der Roman, für den Rothfuss mit dem Publishers Weekly Award als bestes Fantasybuch des Jahres ausgezeichnet wurde, wurde mit Tolkiens Jahrhundertwerk „Herr der Ringe“ verglichen. Manchen Vergleichen sollte man ob ihrer verkaufsträchtigen Hintergründe eher wenig Vertrauen entgegenbringen. Tolkien bleibt (auch weiterhin) unerreichbar. Dafür scheue ich mich nicht, den Amerikaner ein paar Stufen über Joanne K. Rowling und ihren Zauberlehrling Harry Potter zu setzen. Auch wenn dem ersten Band „Der Name des Windes“ nur zwei weitere folgen: „Die Furcht der Weisen“ Teil 1 und 2. 

„Der Name des Windes“ von Patrick Rothfuss erschien im Verlag Klett-Cotta, in der Übersetzung aus dem Englischen von Jochen Schwarzer.
863 Seiten, 24,95 Euro 

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