Nur 5,2 Millionen Einwohner, dafür zwei Sprachen, drei Literaturnobelpreisträger und 438 Verlage: Norwegen ist das Gastland auf der Frankfurter Buchmesse im kommenden Jahr. Als Leser, der sehr eng mit dem Land und seiner Kultur verbunden ist, war es damals für mich eine große Freude zu erfahren, dass „Norge“ den Zuschlag erhält. Dabei soll nicht nur die vielfältige und reiche Literatur des skandinavischen Landes im Fokus stehen. Das Land der Fjorde kommt mit einer wichtigen politischen Botschaft auf die weltgrößte Buchmesse. „Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse zu sein, ist eine herausragende Chance für Norwegen. Unsere Autoren und Künstler können an einer globalen Diskussion über Kunst, Redefreiheit und unsere gemeinsame Zukunft teilnehmen, wofür die Frankfurter Buchmesse schon immer eine ausgezeichnete Plattform bot“, sagte Norwegens Kulturministerin Trine Skei Grande zur Präsentation; auch mit Blick auf die politischen Entwicklung in mehreren Ländern Europas.
Im Auftrag der Regierung
Gerade deshalb wurde Norwegen auch ausgewählt. „Das Land belegt Platz eins in der Pressefreiheit, hier wird der Friedennobelpreis vergeben. Wir können sicher sein, dass sie offen zu uns sprechen werden und dass wir von ihnen etwas lernen können“, betonte Juergen Boos, Direktor und Geschäftsführer der Frankfurter Buchmesse. Laut Trine Skei Grande setzt das nordische Land dafür einiges in Bewegung, um ein würdiger Ehrengast zu sein: „Es ist die größte kulturpolitische Initiative unseres Landes in der modernen Zeit und wir nehmen unsere Aufgabe sehr ernst“, so die Kulturministerin. Organisator des Gastlandauftritts im Auftrag der norwegischen Regierung ist Norla (Norwegian Literature Abroad). Zu den Unterstützern zählen die Ministerien für Kultur, für Handel, Industrie und Fischerei und das Außenministerium, die Stadt Oslo sowie die Tourismusabteilung Visit Norway. Weitere Partner sind Unternehmen, Stiftungen, Universitäten, Autorenvereinigungen und Museen. Das Amt der Botschafterin der norwegischen Literatur übernahm Kronprinzessin Mette-Marit. Bereits mit Blick auf diese umfassende Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Kultur, Politik, Bildung und Wirtschaft wird deutlich, welchen hohen Stellenwert die Literatur in dem Land besitzt.
Literatur und eine besondere Botschaft vereinen sich dabei in dem Motto „Det er den draumen me ber på“, auf Deutsch „Der Traum in uns“. Die erste Zeile aus dem Gedicht „Det er den Draumen“ des norwegischen Lyrikers und Übersetzers Olav H. Hauge (1908 – 1994) steht über dem Auftritt als Gastland. Während eines Wettbewerbs des Rundfunksenders NRK im Jahr 2016 wurde dieses Gedicht, das 1966 in dem Band „Dropar i austavind“ erschienen war, als schönstes Gedicht gewählt. Präsentiert wurde es während der Pressekonferenz in einer eindrucksvollen Musikperformance der Gruppe „Ferdigsnakka“.
„Det er den draumen“
Det er den draumen me ber på
at noko vedunderleg skal skje,
at det må skje –
at tidi skal opna seg,
at hjarta skal opna seg,
at dører skal opna seg,
at berget skal opna seg,
at kjeldor skal springa –
at draumen skal opna seg,
at me ei morgonstund skal glida inn
på ein våg me ikkje har visst um.
Das ist der Traum
Das ist der Traum, den wir tragen
daß etwas Wunderbares geschieht,
geschehen muß –
daß die Zeit sich öffnet,
daß das Herz sich öffnet,
daß Türen sich öffnen,
daß der Berg sich öffnet,
daß Quellen springen –
daß der Traum sich öffnet,
daß wir in einer Morgenstunde gleiten
in eine Bucht, um die wir nicht wußten.
(Übersetzung Klaus Anders)
Von Mehrwertsteuer befreit
Dabei lohnt sich mit dem Gastland-Auftritt Norwegens durchaus auch ein Blick in den Literaturbetrieb des Landes. Das norwegische Literatursystem gilt als einzigartig. So gibt es die staatlich finanzierte Abnahmereglung, bei der jährlich zwischen 550 bis 1500 Exemplare aus einer Liste von etwas 600 Neuerscheinungen angekauft und öffentlichen Bibliotheken zugeführt werden. Wie in Deutschland herrscht die Buchpreisbindung, Bücher sind jedoch in Norwegen von der Mehrwertsteuer befreit. 82 Prozent der Bevölkerung haben mindestens ein Buch im Jahr gekauft, 88 Prozent lesen mindestens ein Buch jährlich, so gibt die Statistik des Jahres 2017 Auskunft. Mehr als 20 Millionen Bücher wurden in jenem Zeitraum verkauft.
Ich persönlich freue mich vor allem auf die kommenden Bücher, die eine oder andere Neuentdeckung sowie die kommenden Veranstaltungen und schließlich den großen Auftritt in Frankfurt – vom 16. bis 20. Oktober 2019.
Wer noch einen interessanten und persönlichen Einblick in aktuelle Titel und die Literaturlandschaft Norwegens erhalten möchte, dem lege ich die Beitragsreihe „Norwegian Short Stories“ von Jaqueline Masuck auf ihrem Blog „masuko13“ sehr ans Herz.
Foto: pixabay
Vielen Dank für deinen schönen Ausblick auf das Gastland Norwegen! Ich freue mich auf einige Perlen im Sachbuch-Bereich, doch auch von den Literaten habe ich schon einiges gelesen und möchte Neues entdecken. Daher bin ich sehr gespannt auf diesen Messeauftritt 2019.
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Sehr gern, liebe Petra. Es war mir eine große Freude an der Präsentation teilzunehmen und darüber zu schreiben. Im Moment denke ich darüber, vielleicht einen Blog zum Thema zu initieren und andere Blogger zur Mitarbeiter anzusprechen. Ich gehe noch einmal in mich. Viele Grüße und noch einmal einen großen Glückwunsch an Dich
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Ich freue mich sehr darauf und hänge mal meine kurze Besprechung zu zwei Bänden von Olaf H. Hauge an:
https://literaturleuchtet.wordpress.com/2015/07/15/161/
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Ich glaube, wir werden beide sehr viele schöne Leseerfahrungen machen. Vielen Dank für den Link zu Deiner Besprechung – eine Bereicherung zum Beitrag. Viele Grüße nach Berlin
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Da wirst du ja als deutschsprachige Literaturbloggerbotschafterin voll in Deinem Element sein :-)
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Ja, liebe Birgit, ich werde voll in meinem Element sein und freue mich sehr darauf. Es krippelt… Viele Grüße
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