„All die Väter“, sagt er. „Diese Hilflosigkeit.“
Er ist wieder zurück. Und er ist nicht allein. In „Der Holländer“ hatte er seinen ersten großen Auftritt, nun muss Liewe Cupido den nächsten Fall aufklären. Vor der nordfriesischen Insel Amrum in der Deutschen Bucht stößt die Besatzung des niederländischen Bergungsschiffes „Freyja“ auf einen toten Taucher – in einer speziellen Körperhaltung verharrt und mit Handschellen an das Wrack des seit 1950 verschollenen Schiffes „Hanna“ gefesselt, das Unmengen an Kupferplatten an Bord hat. Für den wortkargen Kriminalbeamten beginnt eine Zeit des Reisens – von Küste zu Küste, von Land zu Land. Und oft mit dabei seine Hündin Vos, die Mathijs Deen im zweiten Band der Reihe an die Seite seines Helden stellt.
Wortkarger Ermittler
Vos – ihr Name bedeutet übersetzt Fuchs – war einst in das Auto des Ermittlers gesprungen und bei ihm geblieben. Sie hat ihn also erwählt, und wenn man Hundeexperten Glauben schenken mag, ist dies die beste Voraussetzung für eine innige Mensch-Hund-Beziehung. Denn mit Menschen hat es Cupido, der von allen der Holländer genannt wird, nicht so, er ist recht wortkarg, ein etwas scheuer Einzelgänger, Sohn eines niederländischen Fischers und einer deutschen Meeresbiologin. Im Land seiner Mutter geboren, ist er auf der westfriesischen Insel Texel und zweisprachig aufgewachsen. In den Diensten der Bundespolizei bemüht er sich, den neuen Fall zu lösen, der ihn nicht nur in seine westfriesische Heimat führt, sondern ihn vor allem mit problematischen Vater-Sohn-Beziehungen beschäftigen lässt, seiner eigenen eingeschlossen.
Cupido bekommt es mit der Familie des Opfers zu tun. Jan Metz‘ Ex-Frau Christine ist als Immobilienmaklerin tätig, der gemeinsame Sohn Johnny polizeibekannt. Er hat einen Jugendlichen aus der Nachbarschaft krankenhausreif geschlagen und soll zudem bei einem Brandanschlag auf ein Auto beteiligt gewesen sein. Cupidos Wege führen ihn darüber hinaus nach Terschelling zu einem Tauchclub, nach Nord-Dänemark, wo das Sportangelboot des Mordopfers aufgefunden wurde sowie nach Föhr, wo Matz nach der Trennung lebte und von dort aus auf Tauchgänge aufgebrochen war. In dessen Haus entdeckt der Holländer die verschiedensten Funde des Tauchers, dem Meer entrissene Trophäen aus alten Zeiten. Neben dem Schiff, das 1950 verschwand und dessen junge Besatzung unter dem Kommando eines noch unerfahrenen Kapitäns stand, rückt ein gesunkenes U-Boot zunehmend in den Fokus des Ermittlers.
Erinnerungen an die Kindheit
Führt der erste Band in die karge Weite des Watt um die ostfriesischen Inseln, ist es nun die Welt der Schiffe und Häfen, von denen Deen erzählt; und das mit sehr viel Hintergrund-Wissen, werden im Verlauf der Handlung doch zahlreiche Schiffs- und Bootstypen erwähnt und eine ganze Reihe Fachbegriffe genannt. Für Cupido ist es eine vertraute, allerdings auch eine mit vielen Erinnerungen behaftete Welt, die ihn zurückführen in seine Kindheit und Jugend, als er schon früh seinen Vater durch ein Unglück verloren hat. Dass sich hinter der Tragödie von einst wohl etwas mehr verbirgt, wird nach und nach klar und bildet eine denkbare Brücke zum möglichen Folge-Band, der vielleicht auch die beginnende Beziehung zwischen Cupido und der Hundetrainerin Miriam, die seine Hündin hütet, wenn er Vos bei seinen Ermittlungsreisen per Schiff, Hubschrauber und im Auto nicht mitnehmen kann, wiederaufnehmen könnte.
„Reglos liegt er auf dem Bett, die Arme gestreckt neben dem Körper, doch in seinem Traum dreht er sich um und breitet die Arme aus, um alles, was ihm lieb und teuer ist, vor dem Schatten zu schützen, der wie ein auf ihn geworfenes Netz ist.“
Wie ein meisterhafter Jongleur beherrscht Deen es, in „Der Taucher“ die unterschiedlichsten Themen in Bewegung zu halten und weiterzuentwickeln. Neben Meer, Küste und Schiffe konzentriert sich der niederländische Autor auf zwei recht brisante Themen: der Ausverkauf von Tourismusinseln wie Föhr und Sylt sowie das rechte Milieu und die Glorifizierung der dunklen Vergangenheit. Es geht um Gier, Gewalt und Rache und folgenreiche Brüche in Familien. Große Fragen, die Deen anhand der akribischen Ermittlungsarbeit seines Helden in einem sehr kniffligen Fall gründlich bearbeitet und mit denen er seinem neuen Roman eine eindrucksvolle Komplexität und Tiefe verleiht.
Mathijs Deen: „Der Taucher“, erschienen im mare Verlag, in der Übersetzung aus dem Niederländischen von Andreas Ecke; 320 Seiten, 22 Euro
Bild von David Mark auf Pixabay
Liebe Constanze,
„der Taucher“ ist bei mir auch schon eingezogen und nach deiner schönen und stimmungsvollen Buchbesprechung freue ich mich umso mehr aufs Lesen. Dass auch ein Hund eine Rolle bekommt, ist natürlich für mich noch viel schöner ;).
Liebe Grüße, Claudia
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Schön, dass der „Taucher“ bald Deine Aufmerksamkeit erfährt, liebe Claudia. Ich danke Dir für das Lob, das mich sehr freut. Liebe Grüße PS: Ja, Hunde haben es mir auch angetan. :)
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Habe gerade „Der Holländer“ gelesen und freue mich nun darüber dass es eine Fortsetzung gibt!
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Ja, die Reihe ist eine Entdeckung, finde ich. Ich hoffe sehr auf Teil drei. Liebe Grüße
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