Lars Elling – „Die Prinzen vom Birkensee“

„Finde den Schlüssel und verlasse das Bildarchiv. Werde sehend.“ 

Wie ein grüner Gürtel umgibt die Marka Oslo. Nördlich der norwegischen Hauptstadt breitet sich die Nordmarka aus. Ein riesiger Wald mit Hügeln und Seen – so groß wie etwa Halb-Berlin. Die beiden Brüder Arnstein und Truls werden von ihrem Vater in die Nordmarka geschickt. Nicht nur für wenige Tage, sondern für mehrere Wochen. Dort sind sie allein auf sich gestellt. Sie müssen sich ihre Nahrung selbst jagen oder fangen. Die beiden Jungen haben zueinander eine enge Bindung, sie sind Gefährten, Vertraute. 70 Jahre später, im betagten Alter, sprechen sie indes kein Wort mehr miteinander. Ein Zaun zieht sich durch das gemeinsame, einst elterliche Grundstück im Kvartsveien, das Haus ist geteilt. Und Arnsteins Enkel Filip fragt sich warum.     

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Ulrich Rüdenauer – „Abseits“

„Er war schon an einigen Orten gewesen, aber nirgendwo zu Haus.“ 

Ein Dorf irgendwo in Süddeutschland. Mit Häusern, Höfen, Menschen und Tieren. Mittendrin Richard. Der Achtjährige wächst bei seinem Onkel auf. Seine Eltern kennt er nicht. Der Junge wird eher geduldet, als geliebt. Der zweite große Krieg ist nur wenige Jahre vorbei. Gewalt und Kälte, aber auch Herkunft und Identität sind die großen Themen in dem schmalen, aber eindrücklichen Debüt „Abseits“ des Journalisten und Autors Ulrich Rüdenauer. 

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Malin C. M. Rønning – „Skabelon“

„Nachts gehört der Wald nur sich selbst.“ 

Der Wald bedeutet für Urd eine ganze Welt. Er ist das Zuhause ihrer Familie, in der das Leben allerdings alles andere als sorgenlos, idyllisch und heil zu sein scheint. Mit ihren sieben Geschwistern ist sie meist auf sich allein gestellt. Liebe und Zuneigung erfahren sie von ihren Eltern kaum. So zieht sich das Mädchen zurück in die reiche Natur, in der sie sich wohl, sicher und aufgehoben fühlt. Mit ihrem teils düsteren Debüt-Roman „Skabelon“ überzeugte die Norwegerin Malin C. M. Rønning in ihrem Heimatland sowohl Leser als auch Kritiker.

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Walter Tevis – „Das Damengambit“

„Schach verstieß nicht gegen das Christentum, genauso wenig, wie es gegen den Marxismus verstieß. Schach war ideologiefrei.“ 

Wer als Laie Schach-Berichte liest, wird das Gefühl nicht los, in eine fremde Welt gelangt zu sein. Da gibt es nicht nur spezielle Fachbegriffe, sondern auch kryptische Formulierungen.  Da ist von isolierten Freibauern, offener Königslinie oder einem Turmendspiel die Rede. Wer den wieder entdeckten Roman „Das Damengambit“ des amerikanischen Schriftstellers Walter Tevis (1928 – 1984) liest, wird vielleicht nicht alles in den teils seitenlangen Partiebeschreibungen verstehen, aber das Gefühl haben, von der spannenden Geschichte nicht loslassen zu können. „Walter Tevis – „Das Damengambit““ weiterlesen

Alexander Gorkow – „Die Kinder hören Pink Floyd“

„Wer nicht atmet, fällt um.“

Jeder von uns hat wohl einen Soundtrack des Lebens. Songs wie ewig währende Ohrwürmer von Musikern, deren Alben unweigerlich Erinnerungen in uns auslösen.  Bei mir war/ist es Elton John (bitte nicht lachen!). Während in meiner Klasse die meisten Hip-Hop, Grunge, Wave oder Gothic hörten, kannte und sang ich die Songs des Pianoman aus dem Londoner Vorort Pinner. Sogar jene ellenlangen und schwermütigen wie „Funeral For A Friend /Love Lies Bleeding“. Meine erste Brille, nach der Schuluntersuchung angemahnt, war nahezu rund. Nur nicht so bunt wie die von Elton.  Der Ich-Erzähler aus „Die Kinder hören Pink Floyd“ wird geprägt – wie es der Titel und das auffällige Cover des Buches verrät – durch die Hingabe seiner älteren Schwester an die britische Kultband. Alexander Gorkow hat mit seinem neuen Roman ein melancholisches wie humorvolles autobiografisches Porträt seiner Kindheit und der 70er-Jahre geschrieben.

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Damir Karakaš – Erinnerung an den Wald

„Dann stelle ich mir vor, dass es auch die nicht mehr geben wird, die so gesund sind, dass sie sogar Astronauten sein können, dass wir vor dem Weltuntergang auf der Erde alle gleich sind, und das Atmen fällt mir viel leichter.“

Die Schwächeren werden in eine raue Welt gestoßen. Sie müssen jeden Tag kämpfen. Um sich den Herausforderungen zu stellen, um den Erniedrigungen zu begegnen, um sich selbst und das innere Wertgefühl oder den Rest, der davon im Laufe der Zeit übriggeblieben ist, zu beschützen. Der Junge im Roman des kroatischen Schriftstellers Damir Karakaš ist herzkrank, sein Vater versteckt seine Unzufriedenheit ob der körperlichen Schwäche und Magerkeit seines Sohnes nicht. Und die Welt, in der der Junge an der Seite seiner Eltern, der jüngeren Schwester und der Großmutter heranwächst, offenbart sich auch ohne die Gefühlsausbrüche des Vaters, die in den Satz „Warum schafft Gott so etwas, was nicht zum Leben taugt“ gipfeln, als herb und recht ungemütlich. „Damir Karakaš – Erinnerung an den Wald“ weiterlesen