Annett Gröschner – „Schwebende Lasten“

„Wäre Hanna eine Blume gewesen, dann am liebsten eine Hortensie.“ 

Nach Hannas Ende kommen die Zwergsonnenblumen. Sie wachsen, begrenzen das Grundstück, auf dem einst der Laden gestanden hat, wo sie als Floristin gearbeitet hatte. Da ist Hanna schon nicht mehr, oder in einer besonderen Weise doch? Ihr Leben war lang und wechselvoll – und gezeichnet von der Zeit. Fast ein Jahrhundert, vier politische Systeme und zwei Weltkriege (über-)erlebte die Heldin in Annett Gröschners großartigen Roman „Schwebende Lasten“.

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Christoph Hein – „Das Narrenschiff“

„Das neue Leben muss anders werden als dieses Leben, als diese Zeit.“

Alles beginnt mit einer Begegnung: Das kleine schüchterne Schulmädchen Kathinka trifft auf den großen Präsidenten Wilhelm Pieck. Verewigt auf einer Postkarte, die Jahrzehnte später die nunmehr erwachsene Kathinka zerreißen und im Papierkorb entsorgen wird. Da ist das Land namens DDR fast von der Karte verschwunden – und das Leben vieler meist nicht mehr, wie es einst war. Egal aus welcher Schicht sie stammten, ob sie Arbeiter oder eben jene Funktionäre waren, denen sich Christoph Hein in seinem neuesten voluminösen Roman „Das Narrenschiff“ zuwendet.

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Geschichte (n) – Bernd Wagner „Die Sintflut in Sachsen“

„Gerade der Rhythmus der Worte erzeugte in mir eine unbekannte Art von Rausch (…).“

Wurzen – die Stadt an der Mulde. Bekannt für Joachim Ringelnatz, Kekse und Kurzkoch-Reis; der Milchreis ist im Übrigen sehr empfehlenswert. Wurzen ist die Große Kreisstadt des Landkreises Leipzig, die Messestadt mit ihrem Trubel ist also sehr nah, sowie die Geburtsstadt des Schriftstellers Bernd Wagner. Hier kommt er 1948, drei Jahre nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg, zur Welt, hier wächst er auf und verbringt Kindheit und Jugend. Sowohl dieser sächsischen Stadt in der Provinz als auch der Geschichte seiner Familie widmet er sich auf sehr persönliche Weise in seinem aktuellen und autobiografischen Roman „Die Sintflut in Sachsen“. „Geschichte (n) – Bernd Wagner „Die Sintflut in Sachsen““ weiterlesen

Ein ganzes Leben – Sabine Huttel „Ein Anderer“

Der Krieg ist ein Ungeheuer, dachte Ernst im fünften Kriegsjahr.

Er sieht die große Welt auf andere Weise. Seine Liebe und Hingabe gilt der Familie und den Tieren, selbst die Spinnen beobachtet er stundenlang mit Faszination. Die gackernden Hühner und sein Holzpferd sind treue Begleiter. Die Politik versteht er nicht, auch nicht, dass es Krieg gibt, junge Menschen darin sterben. Ernst Kroll braucht sein Dorf, Veränderungen machen ihm Angst. Aus dem kleinen trägen Jungen wird ein kleiner Mann, der trotz körperlicher wie geistiger Einschränkungen aufgrund einer Krankheit sein Leben lebt – über zwei Weltkriege hinweg durch die Zeit der deutschen Teilung bis hin zu einem betagten Alter, das ihn noch die Wiedervereinigung beider Staaten erleben lässt. Sabine Huttel erzählt davon in ihrem Roman „Ein Anderer“, der durch die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts führt und überaus menschlich von einem alltäglichen wie besonderen Leben in einem Thüringer Dorf erzählt.

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Getrennt – Gert Loschütz „Ein schönes Paar“

„Auch an wirklich hellen Tagen gibt es Stellen, die im Halbdunkel liegen.“

Die deutsche Teilung hat Familien entzweit, seelische Wunden gerissen, von denen Narben weiter existieren. Selbst nahezu 29 Jahre nach der friedlichen Revolution sind die Auswirkungen zu sehen und zu spüren. Gerade in diesen Tagen wird der Fall der Mauer in den Medien und in den sozialen Netzwerken wieder thematisiert, ist sie doch nun nach der Wende mittlerweile länger Geschichte, als dass sie existiert hat. Schon immer begleitet hat dieses Kapitel deutscher Geschichte die Literatur. Die Reihe der Titel ist mit der Zeit angewachsen und lang. Mit seinem aktuell erschienenen Werk „Ein schönes Paar“ kann sich nun auch Gert Loschütz einreihen. Doch sein Roman erscheint anders als die vielen anderen Bücher über dieses Thema.

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Ein Jahrhundert – Holger Siemann „Das Weiszheithaus“

„Wir sollen für das Haus sorgen wie für ein lebendiges Wesen, dann wird das Vertrauen wachsen, dann werden wir eine Familie sein, Brüder und Schwestern (…).“

Ein Haus bietet nicht nur seinen Bewohnern ein Dach und ein Zuhause. Es könnte auch erzählen – vom Lauf der Zeit mit all ihren Geschehnissen, Veränderungen und Erscheinungen sowie von den Geschichten über das Leben und Schaffen der Menschen. Wenn es nicht schon sie es sind, die berichten. In seinem neuen wunderbaren Roman „Das Weiszheithaus“ setzt Holger Siemann ein Mietshaus in Berlin in den Mittelpunkt des Geschehens und lässt dessen Bewohner sprechen – von lichten wie von dunklen Zeiten.  „Ein Jahrhundert – Holger Siemann „Das Weiszheithaus““ weiterlesen