Christine Wunnicke – „Wachs“

„Marie rannte durchs Leben. Madeleine wurzelte darin. Und an beiden zog es vorbei.“

Ein Novembertag im Jahr 1733 in Paris: Die 13-jährige Marie stiefelt in die Kaserne der Schwarzen Musketiere. Unerschrocken formuliert das Mädchen den von ihr überrumpelten Soldaten einen ungewöhnlichen Wunsch: Die Tochter des Apothekers braucht eine Leiche. Sie will sich an den Toten schulen, die beste Anatomin werden, was sie später auch wird. In die französische Geschichte eingehen wird Marie Marguerite Biheron (1719-1795) als Zeichnerin und Bildnerin von anatomischen Wachspräparaten. Christine Wunnicke erzählt in ihrem neuen Roman „Wachs“ ihre faszinierende Geschichte – und die von Madeleine. „Christine Wunnicke – „Wachs““ weiterlesen

Mark Aldanow – „Der Anfang vom Ende“

„Wieder schien es ihm, als würde die ganze Zivilisation ihrem Ende entgegengehen.“

Ein Offizier, ein Agent und ein Botschafter nebst seiner Entourage aus Ehefrau und Sekretärin sitzen in einem Zug von Russland in den Westen. Es sind die 30er-Jahre. Während in ihrer Heimat die „Stalinischen Säuberungen“ einsetzen, hat in Deutschland Hitler die Macht übernommen. Aus drei Vertretern des russischen Machtapparats wird in Paris, dem Ziel der Reise, eine Gruppe mehr oder weniger Heimatloser, deren Lebenswege sich nunmehr regelmäßig kreuzen. Nichtsahnend, dass ihre sicher geglaubte Welt vor dem Ende steht.

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Chris Lloyd – „Die Toten vom Gare d’Austerlitz“

„Krieg entfremdet uns von uns selbst.“

Es ist Tag eins der deutschen Besatzung. Soldaten der Wehrmacht nehmen Paris ein. Es ist nicht das einzige Problem von Inspecteur Éduard „Eddie“ Giral. Er wird zum Gare d’Austerlitz gerufen. In einem Waggon auf einem Abstellgleis sind die Leichen von vier polnischen Flüchtlingen gefunden worden. Wenig später sorgt ein weiterer Fall für Aufregung: Ein weiterer Pole hat sich aus dem Fenster gestürzt. Der Ermittler vermutet einen Zusammenhang zwischen beiden Fällen. In seine Arbeit mischen sich jedoch die neuen Herren der Seine-Stadt ein. Sein missliebiger Kollege Auban macht, was er will. Und dann taucht auch noch Girals Sohn auf, den er 15 Jahre nicht mehr gesehen hat. Chris Lloyds historischer Krimi ist spannend, komplex und ein eindrückliches Panorama vom Paris jener Zeit. „Chris Lloyd – „Die Toten vom Gare d’Austerlitz““ weiterlesen

Backlist #20 Gaito Gasdanow – „Nächtliche Wege“

„Platon, das ist unerträglich.“

Nicht nur Debüts und Neuerscheinungen bekannter Autoren sorgen Jahr für Jahr für gespannte Aufregung. Erwartungsvoll schaue ich immer wieder in die Vorschauen mit der Hoffnung auf Wiederentdeckungen. Welche Schätze in den vergangenen Jahren gehoben werden konnten und welche Folgen sie auf den Buchmarkt haben, wären wohl ein interessantes Thema für eine wissenschaftliche Arbeit; wenn es sie vielleicht nicht schon gibt. 2012 trat ein Autor ins Rampenlicht, dessen Werke nach und nach wieder ins Bewusstsein gebracht worden sind: der russische Schriftsteller Gaito Gasdanow (1903-1971), der den neuerlichen Ruhm und die breite Rezeption, die bis heute anhält allerdings nicht mehr erleben durfte.

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Lydia Sandgren – „Gesammelte Werke“

„Obwohl Rakel Berg nichts weniger brauchte als noch mehr Bücher (…).“

In zehn Jahren gründen die einen Familie und/oder Firma, bauen ein Haus, pflanzen einen Baum, die anderen jetten um die Welt, steigen auf mehrere 8.000er oder lernen drei asiatische Sprachen. In zehn Jahren kann sich ein Leben verändern oder in seiner alltäglichen Monotonie ohne Höhepunkte vergehen. Zehn Jahre sind es zwischen den ersten Passagen, die Lydia Sandgren schrieb, bis zur Veröffentlichung ihres ersten Romans „Gesammelte Werke“, ein Backstein von Buch, das auf meisterhafte Art viele Geschichten erzählt. 

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Im Duett #2: Janet Lewis – „Verhängnis“ & „Der Mann, der seinem Gewissen folgte“

„Er dachte: die Vergangenheit ist nie tot.“

In der Literaturgeschichte stößt man häufiger auf den interessanten Fall, dass ein Buch zur Entstehung eines anderen führte. Im Fall des Bandes „Famous Cases of Circumstantial Evidence“ aus der Feder des britischen Staatssekretärs Samuel March Philippe (1780 – 1862) sind es sogar drei Werke. Der US-amerikanische Lyriker und Literaturkritiker Yvor Winters schenkte jenen Band einst seiner Frau. Mit ihren meisterhaften historischen Romanen, die auf historischen Kriminalfällen und Indizienprozessen beruhen und in Philippes Band geschildert werden, kann und sollte die Lyrikerin Janet Lewis nun auch in deutscher Übersetzung wiederentdeckt werden.  „Im Duett #2: Janet Lewis – „Verhängnis“ & „Der Mann, der seinem Gewissen folgte““ weiterlesen