Literaturpreis des Nordischen Rates

Literaturpreise sind nicht nur Würdigung eines Autors. Sie sind auch öffentlichkeitswirksam. Leser schauen nicht nur auf Bestsellerlisten oder richten sich nach Lektürevorschlägen aus den Medien und dem eigenen Umfeld. Der Gewinner aus einer Auswahl von  Titeln erhält mehr Aufmerksamkeit: Verlage reagieren mit Sonderausgaben, einer erhöhten Auflage, den bekannten Verweisen auf dem Umschlag des Bandes, Leser hingegen oft mit dem Kauf. In loser Folge sollen auf diesem Blog bekannte Literaturpreise vorgestellt werden. Den Anfang macht der Literaturpreis des Nordischen Rates – der Liebe zur skandinavischen Literatur wegen.

Er wird seit 1962 alljährlich an einen Autor aus den nordischen Ländern vergeben und gilt als der bedeutendste Literatur-Preis in Nordeuropa. Er ist im Übrigen nicht zu verwechseln mit dem Nordischen Preis (Nordic Prize), der seit 1984 von der schwedischen Akademie verliehen wird. Dieses Preiskomitee entscheidet zudem über den Literaturnobelpreis, so dass der Nordische Preis auch „kleiner Nobelpreis“ genannt wird. Einige Autoren haben bereits beide Ehrungen erhalten; so der Schwede Per Olov Enquist, der Literaturnobelpreisträger Tomas Tranströmer, die finnische Autorin Sofi Oksanen oder der Norweger Jon Fosse.

Doch zurück zum Nordischen Rat: Er wurde 1952 von den vier Ländern Dänemark, Island, Norwegen und Schweden ins Leben gerufen – mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten zu verstärken. Grundlage bildet der Vertrag von Helsinki. Heute gehören dem Bündnis des Weiteren Finnland, Grönland sowie die autonomen Gebiete Färör und Åland an. Seit 1991 zählen die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen im Status eines Beobachters dazu. Seinen Sitz hat der Rat in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Der Rat vergibt dabei nicht nur den Literaturpreis, geehrt werden zudem in einer separaten Kategorie das beste Kinder- und Jugendbuch sowie Leistungen in den Bereichen Musik, Film sowie Natur- und Umwelt. In der Jury für den Literaturpreis sitzen jeweils zwei Vertreter der Länder Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland und Island. Da auch Titel in den Sprachen Färöisch, Grönländisch und Samisch nominiert werden können, werden in solch einem Fall Vertreter aus der jeweiligen Sprachregion hinzugezogen. Der Gewinner des Preises erhält 350.000 dänische Kronen (umgerechnet etwa 47.000 Euro) als Preisgeld. Im Vergleich dazu: Der Deutsche Buchpreis ist mit insgesamt 37.500 Euro dotiert; der Preisträger erhält 25.000 Euro, die übrigen fünf Autoren der Shortlist erhalten jeweils 2.500 Euro. Der renommierte amerikanische National Book Award ist mit 10.000 Dollar (umgerechnet etwa 9.000 Euro) dotiert.

Mit einem Blick auf die Liste der Geehrten werden zwei Dinge besonders deutlich: Sie zeigt nicht nur einen bunten Mix der nordischen Länder, sondern auch eine Genre-Vielfalt und gibt damit auch einen Beweis für den literarischen Reichtum des Nordens. Neben Romanen wurden in der Vergangenheit auch Novellen oder Lyrik ausgezeichnet. Obwohl mittlerweile die skandinavische Literatur viele Anhänger auch in Deutschland gefunden hat, sind nicht alle Preisträger ins Deutsche übersetzt worden oder vom Namen hierzulande bekannt. Vielleicht wagt es ja ein Verlag, die noch eher unbekannten nordischen Autoren in einer Reihe herauszugeben. Zu wünschen wäre es.

Einige der Titel habe ich in den vergangenen Jahren mit Freude und Interesse gelesen: „Der Halbbruder“ von Lars Saabye Christensen (btb), Kim Leines Werk „Ewigkeitsfjord“ (Hanser Verlag) oder auch Kerstin Ekmans spannender Roman „Geschehnisse am Wasser“ (Piper) zählen dazu. Ebenfalls ein Autor, den ich sehr schätze, ist der Norweger  Jan Kjærstad, der 2001 für „Der Eroberer“, den zweiten Band seiner Wergeland-Trilogie über den gleichnamigen fiktiven Fernsehmoderator, geehrt wurde. Auch Tomas Tranströmers lyrisches Werk (Hanser) gehört zu den wohl prägenden Leseerfahrungen der  vergangenen Jahre. Zuletzt las ich den Roman „Fegefeuer“ von Sofia Oksanen (btb), den ich auf diesem Blog noch vorstellen werde.

Im Herbst vergangenen Jahres konnte der Norweger Jon Fosse in Reykjavik den Preis für seinen Romantrilogie aus den Erzählungen „Andvake“ („Schlaflos“), „Olavs draumar“ („Olavs Träume“) und „Kveldsvævd“ („Abendmatt“) entgegennehmen. Die Gesamtausgabe wird am 21. Mai im Rowohlt Verlag mit dem Titel „Trilogie“ erscheinen. Die Nominierten für den Preis im aktuellen Jahr werden Anfang März bekanntgegeben. Die Preisverleihung findet am 1. November in Kopenhagen in Verbindung mit der Sitzung des Nordischen Rates statt.

Der Nordische Rat gibt über seine Internetseite sowie über Facebook und Twitter Einblicke in seine Arbeit und die verschiedenen Preise.

 

20 Kommentare zu „Literaturpreis des Nordischen Rates

    1. Ja, dieser Fosse-Band steht auch auf meiner Liste von Büchern des Frühjahrs, denen ich mit Vorfreude entgegenblicke, Dazu zählt im Übrigen auch „Die Erinnerungen“ von Joanes Nielsen, ein Roman, der auf den Färöer Inseln spielt. Von Fosse habe ich vor einiger Zeit „Melancholie“ gelesen. Ich bin gespannt auf Deinen Beitrag. Viele Grüße

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  1. Ich freue mich sehr auf die Fortsetzung dieses Reihe.
    Von diesem Preis hätte ich noch nie gehört, von vielen der Preisträger schon. Der Genremix macht ihn für mich besonders interessant.
    Ich bin sehr gespannt auf den nächsten Preis, den du vorstellen wirst!

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  2. Danke für den Beitrag und den Hinweis auf den Nordischen Rat. Ich bin (nicht nur in literarischer Hinsischt) auch ein großer Skandinavien-Fan und freue mich, dass ich manche schwedische Bücher auch im Original lesen kann – meine Schwedisch-Kenntnisse reichen nicht für alle Werke aus.

    Und nun bin ich gespannt auf die diesjährigen Nominierten für den Literaturpreis.

    Viele Grüße
    Nicole vom wortmeer.blog

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    1. Sehr gern geschehen, Nicole. Ich danke für Deinen Kommentar. Ich bin auch ein großer Skandinavien-Fan, vorzugweise von Norwegen, schaue aber auch gern in die Literatur der anderen Länder hinein. Viele Grüße

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