Alba de Céspedes – „Das verbotene Notizbuch“

„Wann sind wir wahrhaftig wir selbst?“

Bereits mit dem Kauf überschreitet sie ganz bewusst eine Grenze. An einem Sonntag im November entdeckt Valeria beim Tabakhändler ein Notizbuch. Mit all ihren Überredungskünsten überzeugt sie ihn, ihr schließlich doch den schlichten Band auszuhändigen, obwohl er sonntags nur Tabak verkaufen darf, der letztlich in Form von Zigaretten auch das eigentliche Ansinnen Valerias war, das Haus an jenem Morgen zu verlassen. Das Notizbuch und das Schreiben verändern fortan das Leben der Ehefrau und zweifachen Mutter. Mit „Das verbotene Notizbuch“ hat die kubanisch-italienische Schriftstellerin Alba de Céspedes (1911-1997) einen zeitlosen Klassiker über eine Frau und das verzweifelte Ringen um Selbstbestimmung geschrieben, der in einer Neuübersetzung von Verena von Koskull nun wieder entdeckt werden kann.

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Kristina Gorcheva-Newberry – „Das Leben vor uns“

„Dieses Land ist zu alt und zu störrisch“, sagte meine Großmutter immer (…).“

Sie sind jung, ihr Leben liegt noch vor ihnen. Sie wollen frei sein, die Welt sehen. Doch Anja und ihre Freundin Milka leben in Moskau. Der spätere Umbruch mit Beginn der Ära Gorbatschow und die Folgen von Perestroika und Glasnost liegen noch in gewisser Ferne. Als Leonid Breschnew, der Generalsekretär der KPdSU, 1982 stirbt, sind sie 14 Jahre alt. Kaum einer kommt heraus aus diesem riesigen totalitären Reich namens Sowjetunion. Mit ihrem Debüt „Das Leben vor uns“ schreibt die russisch-amerikanische Autorin Kristina Gorcheva-Newberry über eine Jugend im Kommunismus und ein Land, das seine Kinder frisst. „Kristina Gorcheva-Newberry – „Das Leben vor uns““ weiterlesen

Julia Phillips – „Das Verschwinden der Erde“

„Die Welt war dazu da, dass die Menschen litten.“

Einst militärisches Sperrgebiet, heute Sehnsuchtsziel für Abenteuerlustige und vermutlich all jene, die eine Mischung aus Sibirien und Island suchen. Wenig ist wohl hierzulande über Kamtschatka bekannt, über jene Halbinsel mit ihren Vulkanen und Geysiren ganz im nordöstlichen Zipfel Russlands gelegen, umgeben vom Beringmeer und dem Nord-Pazifik. Man wird wohl lange suchen müssen, um sie als Schauplatz in der Literatur zu finden. Das ändert nun das eindrucksvolle Debüt „Das Verschwinden der Erde“ der Amerikanerin Julia Phillips. Darin bringt sie dem Leser die dünn-besiedelte Halbinsel mit ihren vielen Gesichtern und Geschichten näher. „Julia Phillips – „Das Verschwinden der Erde““ weiterlesen

Backlist #16 – Jan Kjærstad „Ich bin die Walker Brüder“

„Einige wenige Jahre besitzen wir die Fähigkeit, magisch zu denken.“

Es sind nur wenige Sekunden, die das Leben von Odd Marius Walaker verändern. Er stürzt mit seinem Fahrrad, geblendet von einer seltenen Münze. Und das auch noch auf dem Schlossplatz in Oslo. Seitdem ist nichts mehr wie es war. Der 14-Jährige spürt besondere Kräfte in sich wirken. Vor allem sein Denken und seine Wahrnehmung haben sich verschärft, sind intensiver geworden. Er glaubt, über die sogenannte W-Potenz zu verfügen, und nennt sich fortan die Walker Brüder. In seinem 2008 im Original erschienenen Roman („Jeg er brødrene Walker“) beweist der norwegische Schriftsteller Jan Kjærstad einmal mehr seine Meisterschaft für besondere, besonders skurrile Romane. „Backlist #16 – Jan Kjærstad „Ich bin die Walker Brüder““ weiterlesen

Jan Kjærstad – „Berge“

„Norwegen braucht Glückskekse, wenn das Erdölzeitalter dem Ende zugeht.“

Für dieses Buch schrumpft mein Vorrat an bunten Post-its erheblich. Zahlreiche gelbe und rote Fähnchen zieren nunmehr diesen Band mit dem dunklen Umschlag. Die Farben sollen bitte nicht politisch verstanden werden. Obwohl der neue Roman mit dem kurzen Titel „Berge“ des norwegischen Schriftstellers Jan Kjærstad vor allem ein politischer ist und mit dem er nach zuletzt „Das Norman-Areal“ wieder eindrucksvoll seine Klasse beweist.

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Friedrich Ani „All die unbewohnten Zimmer“

„Wir sind alle Geiseln unserer Erinnerung.“

In TV-Serien ist das sogenannte Crossover – das Zusammentreffen von Ermittlern beziehungsweise Kommissaren verschiedener Reihen – ein beliebtes Mittel, das meist für gute Einschaltquoten sorgt. In der Kriminalliteratur ist diese Besonderheit leider noch recht selten anzutreffen. Der neue Roman von Friedrich Ani bildet da eine interessante Ausnahme: Denn mit Jakob Franck, Polonius Fischer und Tabor Süden kommen gleich drei, aus zahlreichen Büchern und Bänden bekannte Kommissare beziehungsweise Ex-Ermittler zusammen, und jeder hat seine eigene Geschichte, seinen eigenen Charakter. Es gilt zwei knifflige Fälle zu lösen, in denen Vergangenheit und Gegenwart auf beunruhigende Weise aufeinandertreffen.  „Friedrich Ani „All die unbewohnten Zimmer““ weiterlesen

Matias Faldbakken „The Hills“

„Gewohnheit ist eine Decke, die sich über das Wesen der Dinge legt (…).“

Hier lässt man sich für eine gewisse Zeit nieder – um zu speisen, zu trinken, zu verhandeln, vielleicht auch zu flirten. Ein Restaurant ist ein Ort des Genusses, der Geschäfte, der Anbahnung und Festigung von Beziehungen. All das sieht der erfahrene Kellner in dem wunderbaren Roman „The Hills“ aus der Feder des Norwegers Matias Faldbakken ganz genau. Er ist Protagonist und Erzähler zugleich, der über die alltäglichen Geschehnisse in dem Restaurant und die plötzlich auftretenden Ereignisse auf seine ganz eigene Art berichtet.  

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