Tore Renberg – „Die Lungenschwimmprobe“

„Für einen Fall wie diesen waren die Zeiten miserabel.“

Nach einem tragischen Ereignis wird oft eine bekannte Floskel verwendet: Man sei zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Im Fall von Anna Voigt trifft es zu, wenngleich die junge Frau gleich zwei Tragödien erfährt: Die 15-Jährige bringt ein totes Kind zur Welt – und wird wegen Kindesmord angeklagt, was zu ihren Lebzeiten meist den sicheren Tod bedeutet. Die Untersuchungsmethode, die sie entlasten kann, gibt es schon. Aber es braucht viele Jahre bis die sogenannte Lungenschwimmprobe des Zeitzer Stadtarztes  Johannes Schreyer (1631-1694) anerkannt werden sollte. „Tore Renberg – „Die Lungenschwimmprobe““ weiterlesen

Marica Bodrožić – „Die Arbeit der Vögel“

„In Träumen, Büchern und in den Bergen waltet eine archaische Stille.“

Ein Geisteswissenschaftler wie Freund der Literatur und Philosophie kommt an seinem Namen und seinem Werk nicht vorbei. Er war ein Schreibender, ein Denker, ein Linker und ein ruheloser Reisender. Walter Benjamin zählt (1892 – 1940) wohl zu den tragischen Lichtgestalten des 20. Jahrhunderts. In seiner Besprechung über eine neu erschienene Biografie nennt Jörg Später ihn eine Jahrhunderterscheinung. Marica Bodrožić ist mehr als sieben Jahrzehnte später seinen letzten Weg gegangen – von Frankreich aus über die Pyrenäen ins spanische Port Bou, wo Benjamin am 27. September 1940 an einer Überdosis Morphium starb. In ihrem eindrücklichen Band „Die Arbeit der Vögel“ schreibt sie über ihre Tour – und über noch viel mehr. „Marica Bodrožić – „Die Arbeit der Vögel““ weiterlesen

Damon Galgut – „Das Versprechen“

„Auch viele Lebende sind bloße Schatten ohne Ziel (…).“ 

Am ersten Tag nach Rachels Tod findet die Familie sich ein. Anton reist aus der Kaserne an, seine jüngere Schwester Amor wird aus dem Internat abgeholt. Sie treffen auf ihren Vater, ihre Schwester Astrid, Tante wie Onkel. Nach der Beerdigung zerstreuen sich die Swarts jedoch wieder in alle Himmelsrichtungen. Ohne zu ahnen, dass sie sich als Familie erst wieder in neun Jahre wiedersehen. Zeit, in der der letzte Wunsch Rachels und das Versprechen ihres Mann sich nicht erfüllen wird. Ein Versprechen, das wie ein Katalysator die Spannungen in der Familie befeuert, ein Versprechen, in dem sich die Beziehung zwischen Weißen und Schwarzen in Südafrika ablesen lässt  – und nach dem Damon Galgut letztlich seinen preisgekrönten Roman benannt hat.

„Damon Galgut – „Das Versprechen““ weiterlesen

Backlist #17 – Elizabeth Strout „Mit Blick aufs Meer“

„Ein Rätsel, diese Welt. Noch war sie nicht fertig mit ihr.“

Es gibt Bücher, die haben etwas an sich, das sich schwer beschreiben lässt. Häufig genutzte Wörter wie „berührend“ oder „wunderbar“ erfassen nicht die ganze Faszination des Lesers für ein solches Werk. Der Roman „Mit Blick aufs Meer“, für den die Amerikanerin Elizabeth Strout bereits 2009 den renommierten Pulitzer-Preis erhalten hat und den sie mit ihrem Werk „Die langen Abende“, kürzlich in deutscher Übersetzung erschienen, weiterführt, ist solch ein Werk.

„Backlist #17 – Elizabeth Strout „Mit Blick aufs Meer““ weiterlesen

Christiane Neudecker – „Der Gott der Stadt“

„Die Toten kehren wieder zum Datum ihres Untergangs.“

Zwischen Leben und Tod liegen manchmal nur wenige Sekunden. Kurze Momente, in denen das Unvorstellbare, ein Unglück geschieht. Georg Heym (1887 – 1912) galt als einer der großen literarischen Namen des frühen Expressionismus. Ein langes Leben war ihm nicht beschieden: Mit nur 24 Jahren starb er bei dem verzweifelten Versuch, seinen Freund Ernst Balcke, der beim Schlittschuh-Laufen im Eis des Wannsees eingebrochen war, zu retten. Doch Heyms Werke leben weiter, werden bis heute gelesen. Erst 100 Jahre später, im Januar 2012, wird indes sein weniger bekanntes „Faust-Fragment“ am Berliner Ensemble unter der Regie von Manfred Karge auf die Bühne gebracht. Ob diese Aufführung Christiane Neudecker die Inspiration für ihren Roman „Der Gott der Stadt“ gab?

„Christiane Neudecker – „Der Gott der Stadt““ weiterlesen

Liebe der Eltern – Linn Ullmann „Die Unruhigen“

„Am innersten Punkt der Geborgenheit wohnen.“

Er galt schon zu Lebzeiten als Legende und konnte sich mit seinen Werken wie „Fanny und Alexander“ oder „Szenen einer Ehe“ in der Filmgeschichte verewigen: Am 14. Juli wäre der schwedische Regisseur Ingmar Bergman 100 Jahre alt geworden. Der Film und das Theater waren seine großen Leidenschaften. Die Liste der Preise, mit denen er geehrt wurde, ist lang. Er erhielt sowohl den Oscar als auch die renommierten Auszeichnungen bekannter Filmfestspiele, wie Cannes, Berlin und Venedig. Seine Tochter Linn Ullman zeichnet in ihrem autobiografischen Roman „Die Unruhigen“ Bergman vor allem als Privatmensch und Vater – auf eine faszinierende und ergreifende Weise. „Liebe der Eltern – Linn Ullmann „Die Unruhigen““ weiterlesen