Marica Bodrožić – „Die Arbeit der Vögel“

„In Träumen, Büchern und in den Bergen waltet eine archaische Stille.“

Ein Geisteswissenschaftler wie Freund der Literatur und Philosophie kommt an seinem Namen und seinem Werk nicht vorbei. Er war ein Schreibender, ein Denker, ein Linker und ein ruheloser Reisender. Walter Benjamin zählt (1892 – 1940) wohl zu den tragischen Lichtgestalten des 20. Jahrhunderts. In seiner Besprechung über eine neu erschienene Biografie nennt Jörg Später ihn eine Jahrhunderterscheinung. Marica Bodrožić ist mehr als sieben Jahrzehnte später seinen letzten Weg gegangen – von Frankreich aus über die Pyrenäen ins spanische Port Bou, wo Benjamin am 27. September 1940 an einer Überdosis Morphium starb. In ihrem eindrücklichen Band „Die Arbeit der Vögel“ schreibt sie über ihre Tour – und über noch viel mehr. „Marica Bodrožić – „Die Arbeit der Vögel““ weiterlesen

Vom Feuer – Nicol Ljubić „Ein Mensch brennt“

„Die Wirklichkeit aber ist ein Wechselspiel zwischen Erbanlagen und Erlebtem.“

Jan Palach, Oskar Brüsewitz, Hartmut Gründler. Drei verschiedene Männer aus unterschiedlichen Städten, die doch auf die selbe Art und Weise ihrem Leben ein Ende und zugleich ein letztes Zeichen ihres Protestes gesetzt haben. Sie übergossen sich mit Benzin und zündeten sich selbst an. Ein unvorstellbar grausamer Tod. Während der Prager Student Palach und der Zeitzer Pfarrer Brüsewitz gegen das Diktat der Sowjetunion beziehungsweise die Unterdrückung der Kirche in der DDR protestierten, gehörte Gründler in den 1970er-Jahren zu den Gegnern der Atomkraft. In seinem neuen Roman „Ein Mensch brennt“ erinnert Nicol Ljubić an den einstigen Lehrer und Umweltaktivisten und erzählt zugleich eine berührende Familiengeschichte.  „Vom Feuer – Nicol Ljubić „Ein Mensch brennt““ weiterlesen

Auflösung – Olivier Adam „Klippen“

„Niemand weiß, was zwei Menschen miteinander verbindet, auch sie selbst wissen es oft nicht und kommen erst dahinter, wenn sie sich verlieren.“

Tragische Ereignisse kommen nicht immer auf leisen Sohlen daher. Manche kündigen sich an, erste Vorboten des Kommenden werden sichtbar. Nur erkennen möchte sie oftmals keiner. Der selbst gewählte Tod von Oliviers Mutter war konsequenter Abschluss ihrer Depression und Weltabgewandtheit. Nur wenige Tage zuvor war sie nach einer mehrmonatigen Behandlung aus der Psychiatrie entlassen worden. Der Ausflug nach Étretat in der französischen Normandie sollte ein Neubeginn für die Familie sein. Letztlich war es der Auftakt einer Reihe schmerzlicher Ereignisse, die das Leben von Olivier und seinem älteren Bruder Antoine für immer verändern sollen.  „Auflösung – Olivier Adam „Klippen““ weiterlesen

Isa unterwegs – Wolfgang Herrndorf "Bilder deiner großen Liebe"

„Ich werde ganz klar im Kopf, morgenlichtklar. Universum hier, Isa hier, alles, wo es hingehört. Ich denke nicht nach. Ich schlafe.“

Husch, plötzlich ist sie weg. Isa hat sich aus dem Staub gemacht. Durch das große Eisentor hindurch. Ein Lkw sei dank. Die Anstalt lässt sie kurzerhand hinter sich. Die Welt da draußen ist spannender. So macht sich Isa auf, die Welt zu entdecken. Barfuß. Viele kennen sie bereits. In „Tschick“, dem großen, weil so witzigen wie ernsten Roman von Wolfgang Herrndorf, hat sie an der Seite von Maik und Andrej bereits Geschichte geschrieben. Nun ist sie wieder zurück und füllt selbst ein ganzes Buch. Das, so die ebenfalls traurige und wahre Geschichte, unvollendet blieb. Wolfgang Herrndorf setzte am 26. August 2013 seinem Leben selbst ein Ende. Mehrere Jahre litt er unter den Folgen eines bösartigen Hirntumors. „Isa unterwegs – Wolfgang Herrndorf "Bilder deiner großen Liebe"“ weiterlesen

Das Meer im Mann – Daniel Galera "Flut"

„Darauf lief es immer hinaus, auf die Ungerechtigkeit im Blick zurück. Sich eine andere Vergangenheit vorzustellen als die, die uns an den Punkt gebracht hat, an dem wir uns jetzt befinden.

Die Waffe liegt griffbereit neben seinem Vater. Die ihm treu ergebene Hündin Beta hat vor dessen Füßen Platz genommen. Es ist der Moment, in dem er vom zweifachen Sterben erzählt bekommt. Der Vater nimmt sich kurz nach der Ankündigung seines Selbstmordes das Leben, zuvor berichtet er seinem erwachsenen Sohn von der angeblichen Ermordung des Großvaters. Er – das ist der namenlose Held im Roman „Flut“ des Brasilianers Daniel Galera. Der Held des Buches ist Trainer, hat als Extremsportler unter anderem am legendären Ironman auf Hawaii teilgenommen. Seine Freundin hat ihn verlassen, um an der Seite seines Bruders zu leben. Nach dem Tod des Vaters zieht es den 33-Jährigen in das idyllisch gelegene Küstenstädtchen Garopaba, wo es einst eine Walfangstation gegeben hat. An seiner Seite: die Hündin Beta, die er eigentlich nach dem Wunsch des Vaters einschläfern sollte.  „Das Meer im Mann – Daniel Galera "Flut"“ weiterlesen

Fjord als Seelenlandschaft – Jan Kjærstad "Der Entdecker"

„Was ist die wichtigste Triebkraft in meinem Leben? Ich glaube, ich weiß es. In die Tiefe zu wirken. Etwas Einfaches finden, das große Folgen hat.

Nach den Jahren im Gefängnis kehrt er zurück. Jonas Wergeland, die berühmteste Fernsehgestalt Norwegens. Mit seiner Serie „Groß denken“, in denen er die bekanntesten Personen seines Heimatlandes – von Amundsen bis Ibsen – porträtiert hat, bannte er mit jeder Sendung eine ganze Nation an den Fernsehschirm. Nun ist er in Vergessenheit geraten. Unschuldig hat er im Gefängnis ausgeharrt, für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat. Er nahm die Schuld für den Tod seiner Frau Margrete auf sich, die sich mit der Pistole das Leben nahm. Unerkannt reist er nun mit seiner Tochter auf einem Schiff den Sognefjord entlang.

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