Lea Ypi – „Frei“

„Die Menschen machen ihre Geschichte nie unter selbstgewählten Umständen.“

Albanien – das unbekannte Land in Europa. Eine Wendung, die oft über Reiseberichten steht. Denn was wissen wir von diesem Land im Südosten des Kontinents, das wohl bei vielen von uns nicht unbedingt auf der Hitliste der Reiseziele steht, obwohl Bilder von eindrucksvollen Landschaften und dem faszinierenden Kontrast von Bergen und Meer zeugen. Lea Ypi ist ein Kind Albaniens. 1979 in Tirana geboren, unterrichtet sie heute Politische Theorie als Professorin an der London School of Economics. Eines ihrer Forschungsgebiete ist der Marxismus, was nicht von ungefähr kommt. Sie ist elf als auch in ihrem Land der eiserne Vorhang fällt. In ihrem Buch „Frei“ erzählt sie von ihren prägenden Erlebnissen und Erinnerungen – am Ende der Geschichte.        „Lea Ypi – „Frei““ weiterlesen

Lukas Rietzschel – „Raumfahrer“

„Nachkriegszeit und Nachwendezeit. Trümmer beseitigen, nicht nur die Brocken und Steine eingestürzter Häuser.“

Kamenz – Kleinstadt in Sachsen. Die Kohlegrube Lausitz vor der Haustür, das barocke und edle Dresden ein Katzensprung entfernt. Hier ist Lessing zur Welt gekommen, der Ortsteil Deutschbaselitz gab dem Maler Hans-Georg Kern, besser bekannt als Georg Baselitz, einen Teil seines Künstlernamens. In diese geschichtsträchtige Gegend in Ostdeutschland führt Lukas Rietzschel in seinem zweiten Roman „Raumfahrer“, der darin auf wundersame Weise die Geschichte zweier Familien und das Leben eines jungen Mannes mit dem eines berühmten Künstlers verknüpft. Eine spezielle Erwartung kann das eindrückliche Buch allerdings dennoch nicht erfüllen.

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Lutz Seiler – „Stern 111“

„Es ging darum, dass wir es sind, die entscheiden.“

Unbegreiflich, unfassbar: Die Wende, von manchen auch friedliche Revolution genannt, wird im Rückblick mit verschiedenen Wörtern beschrieben, die alle allerdings eine Gemeinsamkeit vereint: Sie tragen ein Staunen in sich. Ich war 12 als die Mauer fiel, sich die Grenzen zwischen West und Ost öffneten, an den Grenzübergängen Tausende Hände auf die Motorhauben von Trabi, Wartburg und Lada schlugen. Ich erinnere mich an jenen Abend im November 1989, als meine Eltern auf der Couch saßen und die Nachrichten schauten, die so unglaublich erschienen. Wir lebten in einem Dorf im damaligen Bezirk Dresden, das für sein Rohrwerk und als NVA-Standort bekannt war. Geflissentlich wurde die Region im heutigen Landkreis Meißen als Tal der Ahnungslosen bezeichnet, weil der Westrundfunk schlecht zu empfangen war. Ich wuchs also ohne „Pumuckl“ oder „Sesamstraße“ auf. „Lutz Seiler – „Stern 111““ weiterlesen

Stefanie de Velasco – „Kein Teil der Welt“

„Sich vorzustellen, dass die Welt untergeht, ist nicht einfach, selbst wenn man damit groß geworden ist.“

Manchmal sind sie mit ihrem Stand in belebten Einkaufsstraßen anzutreffen. Der eine oder andere ist ihnen vielleicht an der Haustür begegnet. Sie klingeln und reden über ihre Welt – mit der Zeitschrift „Der Wachturm“ in der Hand. In Deutschland gibt es mehr als 160.000 Zeugen Jehovas. Die Religionsgemeinschaft, die einige auch als Sekte titulieren, ist wohl den meisten dafür bekannt, dass ihre Mitglieder Bluttransfusionen verweigern. Einen eindrücklichen Einblick in die Gedankenwelt, Regeln und das System der „Zeugen“ gibt Stefanie de Velasco mit ihrem aktuellen Roman „Kein Teil der Welt“.

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Von Ost nach Ost – Christa Wolf „Moskauer Tagebücher“

„Vielleicht leben wir zwischen diesen Bergen, beginnen zu ahnen, daß wir immer im Tal sein werden, beginnen darunter zu leiden, können uns aber aus eigener Kraft nicht aufschwingen.“

Das  Land und ihre Menschen ließen sie zeitlebens nicht los. Zehnmal reiste Christa Wolf (1929 – 2011) in die Sowjetunion; zuerst 1957 als junge Journalistin und Autorin, zuletzt 1989 als die Wende dem Sozialismus ein Ende setzte. Über ihre Reisen geben ihre Tagebücher Auskunft, die mehr sind als nur Einträge ihres eigenen Tuns. In ihren Texten, die sie nie als literarisch empfand und nun  von ihrem Mann Gerhard Wolf herausgegeben wurden, beschreibt sie das Land und das Leben, die Sorgen und Nöte der Menschen.  „Von Ost nach Ost – Christa Wolf „Moskauer Tagebücher““ weiterlesen