Colum McCann – „Apeirogon“

„Wir fliehen vor unserem Schmerz in unseren Schmerz.“

Apeirogon bezeichnet eine Figur mit einer zählbar unendlichen Menge an Seiten. Der Name geht auf das griechische Wort „apeiron“ zurück, das „das Unbegrenzte“, „das Unbestimmte“ bedeutet. Nach diesem Begriff aus der Geometrie ist der neue Roman des irischen Schriftstellers Colum McCann benannt. Von zahlreichen Seiten schaut er dabei auf den langjährigen und gewalttätigen Nahost-Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei reale Personen, die einen schmerzlichen Verlust erleben mussten und schließlich trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft einen gemeinsamen Weg verfolgen.

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Santiago Amigorena – „Kein Ort ist fern genug“

„Wir sind Juden. Ich bin Jude. Aber wir wissen nicht, was das bedeutet. Nicht einmal ansatzweise.“

Ein ganzer Kontinent und ein Ozean trennen sie. 1928 hat Vicente Rosenberg Polen verlassen und ist nach Argentinien ausgewandert. In der Heimat zurückgeblieben sind seine Mutter und seine Geschwister. Von der Ferne muss er mit ansehen, wie die jüdische Bevölkerung bedroht wird, der Krieg beginnt, Ghettos entstehen.  Der Autor und Filmemacher Santiago Amigorena hat mit „Kein Ort ist fern genug“ ein erschütterndes und wichtiges Buch über die Shoah aus einer anderen Perspektive geschrieben – aus der der Überlebenden, die bereits vor dem Grauen Europa verlassen hatten, aber trotzdem von dem unfassbaren Verbrechen gezeichnet, ja unwiderruflich traumatisiert sind. „Santiago Amigorena – „Kein Ort ist fern genug““ weiterlesen

Stefan Hertmans – „Die Fremde“

„Hamutal kommt sich nichtig vor, alle sind sie nichtig, nicht mehr als Insekten in einer Nussschale im Meer (…).“

Nach seinem eindrucksvollen Roman „Krieg und Terpentin“ über den Ersten Weltkrieg und die Erlebnisse seines Großvaters holt Stefan Hertmans erneut die Vergangenheit in die Gegenwart. In seinem neuen Buch „Die Fremde“ geht er in der Zeit indes noch weiter zurück, um mehr als ein Jahrtausend in das Mittelalter. Anlass und Inspiration bieten ihm Monieux, ein Bergdorf in der Provence, in dem er seit Jahren lebt, sowie ein Dokument aus dem 11. Jahrhundert, das vor mehr als 120 Jahren in einer Synagoge in Kairo entdeckt wurde und heute in der Cairo Genizah Collection der Universität Cambridge zu finden ist.

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Mensch sein – Romain Gary „Du hast das Leben vor dir“

„Wenn man sich um Kinder kümmert, muss man sich viele Sorgen machen, Doktor, sonst werdens Ganoven.“

Es gibt Bücher, da kann man Rotz und Wasser heulen, andere bringen einen mit ihrer heiteren Art zum Schmunzeln, ja zum Lachen. Der Roman des Franzosen Romain Gary (1914 – 1980) „Du hast das Leben vor Dir“ vermag beides. Melancholie und Trauer sowie ein provokanter wie rotzfrecher Humor bilden eine eng verschmolzene Einheit und fließen in einer Geschichte mit unvergesslichen Charakteren zusammen, die Vorbild sein können in einer Zeit des wachsenden Hasses, der Vorurteile und des Rassismus. 1975 veröffentlicht, zählt der Roman mittlerweile zu den neueren Klassikern der französischen Literatur und erschien nun in einer Neuübersetzung, die es wert ist, das Buch neu oder auch wieder zu entdecken. „Mensch sein – Romain Gary „Du hast das Leben vor dir““ weiterlesen

Familiengeheimnis – Paul Baeten Gronda „Straus Park“

„Seit drei Generationen hatte seine Familie diese Fassade im Blick. Sauber, beständig, leblos.“ 

Amerika wurde über Jahrhunderte für unzählige jüdische Familien zu einer zweiten Heimat. Sei es, um der Armut zu entfliehen, sei es, um den Pogromen und Verfolgungen zu entkommen. Heute leben schätzungsweise acht Millionen Juden in den USA. Amos Grossmanns Großeltern Charlotte und Markus gelingt es, untergetaucht in Amsterdam, nahezu unbeschadet das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg zu überstehen und am Ende des Krieges in die USA zu emigrieren. Was der Enkel der vermögenden Familie allerdings zuerst nicht weiß, ist, dass ihre Flucht noch einen ganz anderen Grund hat.       „Familiengeheimnis – Paul Baeten Gronda „Straus Park““ weiterlesen