Norwegens „Bragepris“

In der Reihe „And the winner is…- Literaturpreise“ soll es nach dem Auftakt mit einem Beitrag über den Literaturpreis des nordischen Rates mit dieser zweiten Folge weitergehen. Und wir reisen an dieser Stelle noch einmal nach Skandinavien. Nicht nur, weil Nordeuropa bekanntlich sehr eng mit Literatur verbunden ist und die Nordeuropäer als sehr lesefreudig gelten, sondern auch um die Gelegenheit zu nutzen, um auf die Literatur jener Länder hinzuweisen. Konkret geht es mit dem „Brageprisen“, dem „Brage-Preis“, nach Norwegen. 

Auslöser für diesen Beitrag und das Thema war meine Suche nach dem Programm des Nordischen Forums zur diesjährigen Leipziger Buchmesse. In diesem Jahr feiern die Botschaften und Kulturinstitute der fünf Länder Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden das bereits zehnjährige Bestehen ihres Gemeinschaftsstandes. Für mich ist ein Besuch dieses Standes immer wieder ein Muss, um einfach die Sprachen zu hören und Neuentdeckungen zu machen. In diesem Jahr stellt die norwegische Autorin Ingvild Hedemann Rishøi ihren Band „Winternovellen“, erschienen im Open House Leipzig, vor. Mit ihrem Werk erhielt sie den Bragepris 2014 in der Kategorie Offene Klasse. Eine Besprechung wird in Kürze folgen.

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Insgesamt gibt es vier Kategorien, in denen die Auszeichnung vergeben wird. Das sind: Belletristik, Kinder- und Jugendliteratur, Sachbuch und eben die Offene Klasse, die zahlreiche Genres umfasst, so unter anderem auch Kriminalromane, Lyrik und Reiseliteratur. Eine besondere Kategorie bildet zudem der Hederspris, der Ehrenpreis. Der Bragepris wird seit 1992 alljährlich von der Stiftung „Den norske Bokprisen“ (Der norwegische Buchpreis) und der norwegischen Verlegergemeinschaft verliehen. Jeder Gewinner erhält ein Preisgeld in Höhe von 50.000 norwegischen Kronen (etwa 5.200 Euro) und die Bragestatue des Künstlers Børre Larsen. In der Jury – pro Kategorie wird ein fünfköpfiges Gremium ernannt – sind ganz verschiedene Berufsgruppen vertreten. Sie haben jedoch gemein, dass sie sich mit Büchern beschäftigen. In die Jury gerufen werden Journalisten, Buchhändler und Bibliothekare. Eine recht bunte und interessante Mischung, wie ich finde.  Pro Kategorie werden jeweils vier Nominierte ins Rennen um die bekannte Ehrung geschickt. Jeder norwegische Verlag kann Bücher zur Wahl stellen.

Ein Blick auf die Preisträger der letzten Jahre zeigt, dass in der Liste ähnlich wie im Fall des Literaturpreises des Nordischen Rates neben in Deutschland bekannten Autoren hierzulande weniger bekannte Schriftsteller vertreten sind. Eine Reihe der Gewinner war mir bisher noch nicht vertraut. Doch einige Namen sind auch hiesigen Literaturfans durchaus bekannt, wenn sie nicht sogar schon berühmt sein.  So erhielt Karl Ove Knausgård 2009 den Bragepris für den ersten Teil seiner „Min kamp“-Reihe, der in Deutschland unter dem Titel „Sterben“ (Luchterhand) veröffentlicht wurde. Auch sein Schriftsteller-Kollege und Freunde Tomas Espedal wurde mit der Auszeichnung bedacht – 2011 für seinen Roman „Wider die Natur“ (Matthes & Seitz, Suhrkamp). Beide sind Vertreter des autobiografischen Schreibens. Zwei Namen tauchen sogar zweimal auf, die ich persönlich sehr schätze: Per Petterson erhielt den Bragepris 2000 für „Im Kielwasser“ und 2008  für „Ich verfluche den Fluss der Zeit“ (beide Hanser). Im vergangenen Jahr wurde damit erneut Lars Saabye Christensen ausgezeichnet – für seinen neuen Roman, der im norwegischen Original mit „Magnet“ überschrieben ist. Bereits 2001 konnte sich Christensen über den Preis für seinen wunderbaren Roman „Halbbruder“ (btb Verlag) freuen. Ich schätze, dass auch das jüngste Werk in Deutschland bald zu haben ist, denn in dem Verlag sind in den vergangenen Jahren regelmäßig Werke des Norwegers erschienen.  Und ein Buch möchte ich in dieser Reihe nicht unerwähnt lassen: Niels Fredrik Dahl erhielt den Preis 2002 für „Auf dem Weg zu einem Freund“ (Kiepenheuer & Witsch). Dieser poetische wie tiefmelancholische Roman erzählt die Geschichte eines Jungen, der in den 60er Jahren durch die Straßen Oslos streift, und eines Elefanten, der im Sommer 2001 für Aufregung in der norwegischen Hauptstadt sorgt.

Doch wer ist der Namensgeber des norwegischen Literatur-Preises? Es ist Bragi, der nordische Gott der Dichtung und Sohn Odins. Er begrüßt die gefallenen Helden in Walhall, der Ruhmeshalle, und war der Mann von Idun, der Göttin der Jugend und Schönheit.  Bragi gilt als der weiseste der Asen, der nordischen Götter. Andere Quellen besagen indes, da er nicht vor dem 12. Jahrhundert als Gott erwähnt wurde, sei er eine Vergöttlichung von Bragi Boddason, des ersten Skaldendichters, der im 9. Jahrhundert gelebt hatte.

Weitere Informationen auf der norwegischen Seite des Brageprisen.

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