Schmerzvolle Erinnerungen – Elliot Perlman „Tonspuren“

„Sie wissen nie, welche Verbindungen zwischen Dingen, Menschen, Orten und Ideen bestehen. Aber es gibt  Verbindungen. Sie wissen nur nicht wo. Die meisten wissen nicht mal, wo sie suchen sollten, oder was daran überhaupt interessant sein könnte. Wer schaut auch nur hin? Wer hat Zeit, zu schauen? Wessen Angelegenheit ist das eigentlich, hinzuschauen? Unsere.“

Der eine ist ein Erzähler, der andere sein geduldiger Zuhörer. Henry Mandelbrot ist Patient einer New Yorker Krebsklinik. Lamont Williams arbeitet für den Gebäudedienst des Krankenhauses. Der eine ist polnischer Jude und Überlebender des Vernichtungslagers Auschwitz, der andere ein Afroamerikaner, der nach einer mehrjährigen Haftstrafe mit dem Klinik-Job eine zweite Chance erhalten hat. Henry erzählt Lamont vom Grauen in Auschwitz, der so zum Bewahrer der Geschichte wird. Erinnerungen sind das große Thema in Elliot Perlmans Roman „Tonspuren“, in dem Menschen erleben, wie Geschichte ihre Gegenwart und Zukunft beeinflusst. „Schmerzvolle Erinnerungen – Elliot Perlman „Tonspuren““ weiterlesen

Zurückgezogen – David Shields und Shane Salerno „Salinger. Ein Leben“

„Ich glaube, irgendwann musst du herausfinden müssen, wo du hin willst. Und dann musst du auch da hingehen. Aber sofort. Du kannst es dir nicht leisten, auch nur einen Augenblick zu verlieren. Du nicht.“ („Der Fänger im Roggen“)

Salinger. Da war doch was. Englischunterricht bei Herrn Polke und dann diese Lektüre. „Der Fänger im Roggen“, besser gesagt. „The Catcher in the rye“. Und ist es nicht so, dass neben den guten und den schlechten Lehrern vor allem die Bücher, die man lesen musste, sich in das Gedächtnis eingeprägt haben? Der 1951 erschienene Roman „Der Fänger im Roggen“ von J.D. Salinger (1919 – 2010) zählt da ganz gewiss dazu. Millionen von Jugendlichen haben ihn gelesen und geliebt. Seine Popularität besteht bis heute. Damit hat er einen Kultstatus erreicht, der nahezu ungebrochen ist und seinesgleichen sucht. Doch was wissen wir über den Autor selbst und die Entstehung des Romans? Sicherlich wenig. Wenn nicht in der derzeitigen Salinger-Begeisterung und unter den aktuellen Publikationen – so den beiden Romanen „Oona und Salinger“ von Frederic Beigbeder und „Lieber Mr. Salinger“ von Joanna Rakoff – auch eine bemerkenswerte Biografie heraussticht, die sich zum Ziel gesetzt hat, mit den Mythen und falschen Überlieferungen rund um die Person des Kultautors aufzuräumen. „Zurückgezogen – David Shields und Shane Salerno „Salinger. Ein Leben““ weiterlesen

Amerika – Philipp Meyer „Der erste Sohn“

„Die Menschen verwandeln Erde zu Sand, Obst zu Dornen. Etwas anderes kriegen wir nicht zustande.“ 

Das Land ist weit und unermesslich reich. Es könnte für viele Menschen Heimat bieten, wo sie in Frieden und Eintracht leben. Doch die Gewalt kennt keine Grenzen. Als Eli im Jahr 1836 geboren und der Staat Texas aus der Taufe gehoben wird, liegen im Grenzgebiet die Siedler mit den Mexikanern und den Indianern im Clinch. Blut fließt auf allen Seiten. Er selbst und sein Bruder werden in jungen Jahren von den Comanchen entführt, während Mutter und Schwester während des Überfalls mehrfach vergewaltigt und schließlich getötet werden. Es ist der Beginn eines Lebens voller Erfolge und Verluste, der Beginn einer Familiendynastie, die in den folgenden Jahrzehnten einen unvergleichlichen Aufstieg erleben wird, und die entscheidende Szene zum Auftakt des Romans „Der erste Sohn“ von Philipp Meyer. „Amerika – Philipp Meyer „Der erste Sohn““ weiterlesen

Spatz auf Abwegen – Reif Larsen "Die Karte meiner Träume"

„Ist es möglich, den gesamten Inhalt der Welt zu sammeln? Und wenn man die ganze Welt in seiner Sammlung hat, ist es dann noch eine Sammlung?

Eine Buchbesprechung sollte immer dem Objekt angemessen sein. Über einen Klassiker in der schönsten Jugendsprache voller Anglizismen und Abkürzungen zu schreiben, würde dem Sprachgefühl des Autors wohl nicht gerecht werden. Ein Manga-Comic in Form eines Sonetts zu besprechen, ist auch der falsche Weg. Aber im Falle dieses Buches, um das an dieser Stelle geht, müsste ich Karten zeichnen, an den Seiten mit krakeliger Handschrift Kommentare versehen und lange Pfeile ziehen. Damit stoße ich jedoch an die Grenzen meiner Möglichkeiten. Deshalb versuche ich trotz allem, „Die Karte meiner Träume“ von Reif Larsen in der bekannten Art und Weise vorzustellen. Und zwar (leider) nur mit Worten. „Spatz auf Abwegen – Reif Larsen "Die Karte meiner Träume"“ weiterlesen