Kseniya Melnik – „Schnee im Mai“

„Die Welt fühlte sich wie eine dunkle Kiste an.“ 

Die russische Küstenstadt Magadan am Nordpazifik gibt heute fast 100.000 Menschen ein Zuhause. Ihre tragische Vergangenheit hat sie indes längst noch nicht ablegen können. Hier, knapp 6.000 Kilometer von Moskau entfernt im tiefsten Osten des riesigen Landes, befand sich eines der gefürchteten Gulag-Lager. Tausende Häftlinge errichteten Stadt und Hafen sowie die Kolyma-Trasse, deren Bau das Leben unzähliger Gefangener kostete. In Magadan geboren ist die Autorin Kseniya Melnik, die in ihrem eindrucksvollen Erzählband „Schnee im Mai“ die wechselvolle Geschichte der Stadt, aber auch die Rolle von Geschichte im Leben von Menschen in den Mittelpunkt stellt.

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Ann Petry – „The Street“

„Was würde die Straße aus ihr machen?“

Diese Stadt gilt als Inbegriff des amerikanischen Traums. In New York prallen die harschen Gegensätze wie in vielen anderen Metropolen, die zudem den Hauch eines Molochs verströmen, aufeinander, aber womöglich weitaus drastischer. Da ist das Finanzkapital in Form der Wall Street, dort sind die heruntergekommenen Armenviertel, wo der Aufstieg meist nur Fantasie bleibt, Gewalt und Kriminalität an der Tagesordnung sind. Mit „The Street“ hat die afroamerikanische Autorin Ann Petry (1908 – 1997) einen Roman geschrieben, der die verzweifelten Bemühungen einer jungen ehrgeizigen Frau schildert, die für ein besseres Leben für sich und ihren kleinen Sohn kämpft. Das Besondere: Dieses Buch ist bereits 1946 erschienen und es war das bis dato erfolgreichste Buch einer Afroamerikanerin. Es kann und sollte nun wiederentdeckt werden dank der deutschen Übersetzung.

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Peter Heller – „Der Fluss“

„Was macht man, bevor man die Hölle betritt?“

Ein Dorf der Cree-Indianer an der Hudson Bay ist ihr Ziel. Ihr Weg: der Maskwa River. Jack und Wynn, Studenten und beste Freunde, machen sich mit ihrem Kanu auf dem Weg quer durch die Wildnis im Nordosten Kanadas. Beide sind erfahren, mit einer überschaubaren Ausrüstung und Proviant in der nahezu menschenleeren Natur zu leben und zu überleben. Sie schrecken nicht vor der Einsamkeit und den Risiken zurück. Doch ihre Tour verläuft anders als geplant – denn zwei unheilvolle Begegnungen und ein verheerender Waldbrand sorgen für Lebensgefahr. Der Amerikaner Peter Heller legt mit „Der Fluss“ einen spannenden Roman vor, der vor allem die grandiose Landschaft in den Mittelpunkt rückt. „Peter Heller – „Der Fluss““ weiterlesen

Wunderkind – Morten Brask „Das perfekte Leben des William Sidis“

„Es gibt wohl kein Leben, das richtiger ist als ein anderes.“

Im Alter von 18 Monaten bringt er sich das Lesen selbst bei. Als Sechsjähriger lernt er Latein, entwickelt zudem eine eigene Sprache. Mit zehn Jahren liest er „Das Kapital“ von Karl Marx. Elfjährig wird er an der Elite-Universität Harvard immatrikuliert. William James Sidis (1898 – 1944) galt als Wunderkind. Er hätte ein großer Wissenschaftler werden, mit seinen Ideen die Welt womöglich ein wenig verändern können. Doch er zog sich in die Anonymität zurück und scheiterte – nicht wegen seiner beeindruckenden intellektuellen Fähigkeiten, sondern vor allem aufgrund seines teils feindlichen Umfeldes. Der Däne Morten Brask hat Sidis‘ Leben in seinem jüngst erschienenen Roman literarisch verarbeitet. „Wunderkind – Morten Brask „Das perfekte Leben des William Sidis““ weiterlesen

Warum? – Noah Hawley „Der Vater des Attentäters“

„Wenn wir leiden, Schmerzen oder Angst haben, wenden wir uns nach innen. Mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert, interessieren wir uns nicht mehr für die täglichen Dramen dieser Welt.“ 

Es ist eine Geschichte, die überall auf der Welt geschehen könnte und aktueller denn je ist. Die Medien berichten in aller Regelmäßigkeit über entsetzliche Amok-Läufe, Attentate und Gewaltausbrüche, in denen junge Menschen plötzlich zu Tätern werden und eine große Schuld auf sich nehmen. „Der Vater des Attentäters“ von Noah Hawley erzählt nicht nur eindrucksvoll von einer aus den Fugen geratenen Vater-Sohn-Beziehung. Der Roman geht der Frage nach, wie ein junger Mensch zu einem Mörder werden konnte. „Warum? – Noah Hawley „Der Vater des Attentäters““ weiterlesen