Christiane Neudecker – „Der Gott der Stadt“

„Die Toten kehren wieder zum Datum ihres Untergangs.“

Zwischen Leben und Tod liegen manchmal nur wenige Sekunden. Kurze Momente, in denen das Unvorstellbare, ein Unglück geschieht. Georg Heym (1887 – 1912) galt als einer der großen literarischen Namen des frühen Expressionismus. Ein langes Leben war ihm nicht beschieden: Mit nur 24 Jahren starb er bei dem verzweifelten Versuch, seinen Freund Ernst Balcke, der beim Schlittschuh-Laufen im Eis des Wannsees eingebrochen war, zu retten. Doch Heyms Werke leben weiter, werden bis heute gelesen. Erst 100 Jahre später, im Januar 2012, wird indes sein weniger bekanntes „Faust-Fragment“ am Berliner Ensemble unter der Regie von Manfred Karge auf die Bühne gebracht. Ob diese Aufführung Christiane Neudecker die Inspiration für ihren Roman „Der Gott der Stadt“ gab?

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Ulrich Alexander Boschwitz – „Menschen neben dem Leben“

„Die Welt war im Begriff auseinanderzubersten (…).“

Wenn ich durch Kunstausstellungen gehe, die Namen der Künstler und deren Lebensdaten lese und manchmal erkennen muss, dass einigen kein langes Leben beschieden war, die Sterbejahre auf die großen Kriege, Leid und Vernichtung hinweisen, empfinde ich eine tiefe Trauer. Ich frage mich: Was hätte jener Künstler noch schaffen, entstehen lassen können? Nicht anders ergeht es mir bei Schriftstellern. An einen denke ich nach der Lektüre von nunmehr zwei seiner Romane des Öfteren: an Ulrich Alexander Boschwitz (1915 – 1942). Nach der großen literarischen Entdeckung seines Buches „Der Reisende“  durch den Verleger Peter Graf über die bedrohliche antisemitische Stimmung in den ersten Jahren des Dritten Reiches ist mit „Menschen neben dem Leben“ nun glücklicherweise auch das Debüt des gebürtigen Berliners erneut erschienen.

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Einfach nur weg – Christian Torkler „Der Platz an der Sonne“

„Was ist so falsch daran, wenn einer rauswill aus’m Dreck?“

Dieser letzte Satz. Nur sechs Wörter. Fassungslosigkeit macht sich breit. Ich schlage das Buch zu und fühle mich wie erstarrt. Ich schaue, ohne etwas zu fokussieren. Der Blick geht nach innen. Ich  möchte die letzten Seiten vergessen, die Geschichte anders schreiben. Für Josua, für diesen Helden! Doch nein! Dann würde Christian Torklers Roman „Der Platz an der Sonne“ seine Wirkung, seine Botschaft verlieren. Sein mutiges Debüt führt uns deutlich vor Augen, dass die Geschichte und damit unser Leben auch anders verlaufen hätten können, und das haben die meisten von uns (scheinbar) schon vergessen. „Einfach nur weg – Christian Torkler „Der Platz an der Sonne““ weiterlesen

„Europa ist da“ – Autorengipfel in Berlin

Begrüßungen in mehreren Sprachen an die Wand projiziert, Gespräche in mehreren Sprachen in den verschiedenen Salons: Ein besonderer Abend in der Bertelsmann Repräsentanz in Berlin zeigte sich rundum international. Liegt auf den beiden Buchmessen in Leipzig und Frankfurt der Fokus meist gezielt auf einem speziellen Gastland, standen zum Europäischen Autoren-Gipfel  mit Unterstützung von 19 europäischen Botschaften und Kulturinstituten Schriftsteller aus 20 Ländern anlässlich des Europäischen Kulturerbejahres 2018 im Mittelpunkt. Und nicht nur diese. „„Europa ist da“ – Autorengipfel in Berlin“ weiterlesen

Was ist „MyPoolitzer“? – Gespräch mit Gründer Tilo Gehrke

Mit „MyPoolitzer“ hat sich in Berlin ein Unternehmen gegründet, das Autoren und Verlage zusammenbringen will. „Bist Du der nächste Jonathan Franzen?“ heißt es auf der Internetseite. Mit Gründer Tilo Gehrke sprach Zeichen & Zeiten über Ziele und die Rolle, die das Unternehmen innerhalb der Buchbranche einnehmen will.

Wie ist die Idee zur Plattform „MyPoolitzer“ entstanden?

Tilo Gehrke: Mein alter Schulfreund hatte Schwierigkeiten, sein Erstlingswerk bei einem Verlag zu platzieren. Zum einen war das ein Zugangsproblem, zum anderen lag es am mangelnden Selbstvermarktungstalent des Autors. Viele Autoren sind ja eher leise Menschen, die ihre Kraft dem Schreiben und nicht dem Marktwettstreit widmen möchten. „Was ist „MyPoolitzer“? – Gespräch mit Gründer Tilo Gehrke“ weiterlesen

Ein Jahrhundert – Holger Siemann „Das Weiszheithaus“

„Wir sollen für das Haus sorgen wie für ein lebendiges Wesen, dann wird das Vertrauen wachsen, dann werden wir eine Familie sein, Brüder und Schwestern (…).“

Ein Haus bietet nicht nur seinen Bewohnern ein Dach und ein Zuhause. Es könnte auch erzählen – vom Lauf der Zeit mit all ihren Geschehnissen, Veränderungen und Erscheinungen sowie von den Geschichten über das Leben und Schaffen der Menschen. Wenn es nicht schon sie es sind, die berichten. In seinem neuen wunderbaren Roman „Das Weiszheithaus“ setzt Holger Siemann ein Mietshaus in Berlin in den Mittelpunkt des Geschehens und lässt dessen Bewohner sprechen – von lichten wie von dunklen Zeiten.  „Ein Jahrhundert – Holger Siemann „Das Weiszheithaus““ weiterlesen