Schatten – Christoph Hein „Glückskind mit Vater“

„Mit unseren Erinnerungen versuchen wir, ein missglücktes Leben zu korrigieren, nur darum erinnern wir uns. Es sind die Erinnerungen, mit denen wir uns gegen Ende des Lebens beruhigen.“

Der folgende Gedanke macht zugegeben recht traurig: Der Wunsch auf ein selbstbestimmtes Leben bleibt meist unerfüllt, erweist sich als Trugschluss, als Fantasie. Selbst wenn wir hoffen, wenn wir tapfer, wenn wir ehrgeizig sind. Unser Lebensweg wird oft in andere, nicht gewollte und erwünschte Richtungen gelenkt. Christoph Heins neuer Roman „Glückskind mit Vater“ erzählt davon und weckt ein melancholisches Gefühl wie er wiederum glücklich macht, einen besonderen Helden kennengelernt zu haben.  „Schatten – Christoph Hein „Glückskind mit Vater““ weiterlesen

Zwei Schwestern – Frances Greenslade „Der Duft des Regens“

„Der Schmerz war wie ein Fluss, auf dem ich paddelte; wenn ich versuchte, einen Fuß hineinzusetzen, würde er mich umreißen.“

Erwachsen zu werden bringt es mit sich, auf Familiengeheimnisse zu stoßen.  Ein Kind soll davon verschont bleiben, meine viele. Dabei kann ein Geständnis, eine Erklärung, eine Geschichte aus vergangener Zeit in späteren Jahren  Verwirrung stiften. Maggie, die Protagonistin und Erzählerin in dem Debüt-Roman „Der Duft des Regens“ der Kanadierin Frances Greenslade, soll diese Erfahrung machen. „Zwei Schwestern – Frances Greenslade „Der Duft des Regens““ weiterlesen

Abschied im Sommer – Rax Rinnekangas „Der Mond flieht“

„Gerade das Schicksal ist es, das Menschen zu Verrückten macht.“

Es sollte ein besonderer Sommer werden. Ein eigenartiges Gefühl des Aufbruchs liegt in der Luft, als der 13-jährige Lauri mit den Geschwisterkindern Sonja und Leo die Grenzen austestet. Ob hoch oben auf dem Prügelmann, einer alten Fichte, oder im Heu bei den ersten gegenseitigen körperlichen Entdeckungen. Eine innige Freundschaft entsteht, die sich zu einer ersten Liebe verwandelt. Doch ein entsetzlicher Unfall setzt diesem Aufbruch in die kommende Jugend ein furchtbares Ende.  „Abschied im Sommer – Rax Rinnekangas „Der Mond flieht““ weiterlesen

Into the wild – David Guterson „Der Andere“

„Du tust, was du tun musst, aber mich kriegen sie nicht. Das Leben ist kurz. Die Ewigkeit ist lang. Ich schmuggle mich an Gott vorbei – auch er kriegt mich nicht.“

Der Gedanke, dem modernen Leben den Rücken zuzudrehen, sich in die wilde Natur zurückziehen und alle Brücken hinter sich abzubrechen, hat etwas faszinierendes wie beängstigendes. Einige sind dem Ruf der Wildnis gefolgt, manche waren erfolgreich, mit sich im Einklang und der schwierigen Herausforderung gewachsen, andere sind gescheitert. Die reale Historie des amerikanischen Studenten Christopher McCandless, unter dem Titel „Into the Wild“ von Jon Krakauer niedergeschrieben und verfilmt von Sean Penn, ist womöglich die bekannteste der tragischen Geschichten, in denen ein Mensch selbst gewählt das moderne und bequeme Leben verlässt. Als ich „Der Andere“ von David Guterson nun las, erinnerte mich an jenen beeindruckenden Film.  Und der Roman des Amerikaners, der mit seinem Buch „Schnee, der auf Zedern fällt“ berühmt wurde, ist nicht minder ergreifend.  „Into the wild – David Guterson „Der Andere““ weiterlesen

Gesellschaftsinseln – Ulla-Lena Lundberg „Eis“

„Tatzen und Schnauzen, Felle und Pelze, Flüstern und Schreie. Eine Eisente, eine Eiderente, eine Bachstelze, eine Himmelsziege. Ein Flügel streicht über eine Stirn, ein runder Robbenschädel durchstößt die Oberfläche. Ein Lächeln über allem, schnell verschwunden, ebenso schnell wieder da. Ohne zu kategorisieren und zu moralisieren.“

Ihre neue Heimat ist abgelegen, so weit abgelegen, dass sie abseits der bekannten Schiffsrouten auf kaum einer Karte vermerkt ist.  Die Öras, eine Inselgruppe in der Ostsee zwischen Finnland und Schweden, wird das neue Zuhause des Pfarrers Petter Kummel, seiner Frau Mona und der kleinen Tochter Sanna. Es ist für den jungen Mann die erste eigene Pfarrstelle. Doch allen Befürchtungen zum Trotz fühlt sich die kleine Familie von der ersten Minute an, nachdem sie ihre Füße von der Fähre auf das Eiland gesetzt hat, willkommen und pudelwohl. Die Gemeinde kümmert sich rührig um Petter und seine Frau, die sogleich am ersten Tag das Pfarrhaus einrichtet und im Stall die Kühe melkt.  „Gesellschaftsinseln – Ulla-Lena Lundberg „Eis““ weiterlesen

Alle Wege führen zu "Spirit-in-the-Woods" – Meg Wolitzer "Die Interessanten"

„Man konnte von seiner Besessenheit ablassen, interessant sein zu wollen. Die Definition, auch das wusste sie, änderte sich sowieso und hatte es auch für sie getan.“

Es ist der Sommer ihres Lebens, der sie zusammenbringt – für die folgenden Jahre und Jahrzehnte. Die sechs Jugendlichen Ethan, Ash, Jules, Cathy, Goodman und Jonah lernen sich in dem Feriencamp „Spirit in the Woods“ in Massachusetts kennen. Es ist ein Camp voller Kunst und Kultur, in dem die Jugendlichen ihre besonderen Talente aufspüren und sich ausprobieren können – im Tanz und Theater, in Musik und dem Zeichnen. Das Sextett, das sich den Namen „Die Interessanten“ gegeben hat, wird schließlich trotz ihrer verschiedenen Mitglieder zu einer eingeschworenen Gemeinschaft, die Freundschaft und Liebe erlebt und in dieser Zeit die Basis für den späteren Zusammenhalt legt, obwohl nicht jeder vom Glück des Lebens verfolgt wird, jeder seine eigenen Bahnen zieht. Nie bleibt ein Teil der Gruppe im Strudel des Lebens zurück. Immer hat einer der sechs Kontakt zu einem anderen. Selbst wenn sie schon in die Mittfünfziger angekommen sind. „Alle Wege führen zu "Spirit-in-the-Woods" – Meg Wolitzer "Die Interessanten"“ weiterlesen