Warum ich lese

Mit seinem Beitrag „Warum ich lese“ hat Sandro Abbate auf seinem Blog „novelero“ ein Thema berührt, das nachfolgend viele weitere Blogger beschäftigt hat. Unterschiedliche Einblicke in Lesebiografien und persönliche Gedanken sind so entstanden. Dies ist nun meine Geschichte. „Warum ich lese“ weiterlesen

Abstieg – Tim Winton „Schwindel“

„Engel ziehen weg, Kumpel. Sie sterben. Sie werden alt. Sie lassen dich allein.“

Er ist ganz unten, allerdings zugleich auch oben. Der einst berühmte Umweltaktivist Tom Keely steht nach der Scheidung und dem Jobverlust vor den Scherben seines Lebens. Er wohnt im zehnten Stock eines Hochhauses in Fremantle, nicht weit von der westaustralischen Metropole Perth entfernt. In seinem unaufgeräumten Appartement lebt er zurückgezogen in einer selbst gewählten Isolation. Trübsinn und Selbstmitleid bestimmen seine Gedanken, Untätigkeit, Alkohol und Tabletten seinen von Geldnöten beherrschenden Alltag. Dann tritt mit Gemma und ihrem sechsjährigen Enkel Kai die Vergangenheit in sein Leben und verändert es schlagartig.  „Abstieg – Tim Winton „Schwindel““ weiterlesen

Dorf ohne Idylle – Szilárd Borbély „Die Mittellosen“

„Vater sagte, es gibt Zahlen, die man nicht teilen kann. Sie haben keinen anderen Teiler als die Eins und sich selbst. Seither versuche ich jede Zahl zu teilen. Ich mag die, die keinen Teiler haben. Die so sind wie in diesem Dorf wir. Aus den anderen herausragen.“

Ein Junge lebt in einem Dorf. Mit seinen Eltern, der älteren Schwester, einem jüngeren Bruder. Die Familie ist arm und wohnt in einem Erdhaus mit Lehmwänden etwas abseits des Ortes. Der Vater hat oft keine Arbeit und trinkt, die Mutter weiß manchmal nicht weiter und droht, sich das Leben zu nehmen. Eine Spirale der Gewalt setzt sich in Gang: Die Eltern schlagen die Kinder, die Kinder töten kleine Tiere. Auch der Junge, der von seinem Leben erzählt. „Dorf ohne Idylle – Szilárd Borbély „Die Mittellosen““ weiterlesen

Die Macht der Bücher – Almudena Grandes „Der Feind meines Vaters“

„Die Wahrheit ist das, was passiert ist und uns gefällt, aber auch das, was passiert ist und uns so abscheulich vorkommt, dass wir alles darum geben würden, es ungeschehen zu machen.“

Nichts ist, wie es scheint. Das merkt Antonio Perez, von allen nur Nino oder wegen seiner Körpergröße auch Knirps genannt, schnell. Er ist zehn und lebt mit seinen Eltern und den beiden Schwestern Dulce und Pepe in der Kaserne des kleinen andalusischen Dorfes Fuensante de Martos. Ninos Vater ist Beamter in der Guardia Civil, der paramilitärischen Polizei, deren Aufgabe es ist, gegen politisch Andersdenkende vorzugehen. Denn man schreibt das Jahr 1947 und Diktator Franco ist an der Macht. „Die Macht der Bücher – Almudena Grandes „Der Feind meines Vaters““ weiterlesen

Nach dem Abgrund – Ralf Bönt „Das kurze Leben des Ray Müller“

„Laut einer meiner Schülerinnen gibt es ein mathematisches Gesetz, nach dem jeder, an den man denkt, mindestens halb so oft auch an einen schon gedacht hat.“

Was hebt die eigene Welt aus den vertrauten Angeln, wie kann einem der Teppich unter den Füßen weggezogen werden? Wann wird aus Unschuld Schuld? Marko Kindler weiß darüber eine Geschichte zu erzählen, es ist seine eigene. Er blickt zurück auf die vergangenen Jahre, als er in einer Gefängniszelle auf den Psychologen wartet, nachdem er seinen nur wenige Wochen alten Sohn entführt hat. Dabei lief es für den Juristen, Übersetzer und Krimi-Autor doch alles wie am Schnürchen, nachdem er aus einem Tief wieder nach oben gekommen war. Nach einer gescheiterten Beziehung trifft er auf die Journalistin Lycile, das Paar bekommt mit dem kleinen Ray nach zahlreichen Fehlgeburten endlich das ersehnte Kind. Doch der Schein einer perfekten Familie trügt. Denn allzu viel ist passiert in jenen Jahren.  „Nach dem Abgrund – Ralf Bönt „Das kurze Leben des Ray Müller““ weiterlesen

Recht der Religionen – Ian McEwan „Kindeswohl“

„Religionen, moralische Prinzipien, auch ihre eigenen, waren wie Gipfel in einem dichtgefügten Gebirgszug, aus großer Entfernung gesehen: keiner eindeutig höher, wichtiger, wahrer als die anderen. Wie sollte man da urteilen.“

Das Leben eines Kindes ist fremdbestimmt. Da sind die Lehrer, Erzieher und vor allem die Eltern, die über das Wohl und den Weg eines Kindes entscheiden. Bekannt ist auch der Terminus Vormund, der aus dem Althochdeutschen stammt. Der Begriff „Munt“ bedeutet „Schutz“. In den meisten Fällen übernehmen die Eltern diese wichtige Rolle, manchmal jedoch mit ungeahnten und erschreckenden Folgen. Denn die Eltern selbst haben sich für ein Leben mit drastischen Regeln entschieden. Ihrer Religion wegen. Glauben und Glaubensgemeinschaften sind derzeit ein sehr brisantes Thema, meist jedoch mit Blick auf die Auseinandersetzungen zwischen ihnen. Der englische Autor Ian McEwan widmet sich in seinem neuesten Roman „Kindeswohl“ einer nicht weniger interessanten Facette. Wie beeinflusst die Religion das Familien-Leben und das ungefährdete Heranwachsen eines Kindes?  „Recht der Religionen – Ian McEwan „Kindeswohl““ weiterlesen